Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1935, Page 27

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1935, Page 27
Ziergras und lieö das Laub des niedrigen Gebiisches leicht erzittern. Das Morgen- rot rötete alles umher, golden und mit einem milden Lacheln betastete es das Tal und senkte auf alles Leben seinen Segen. DreiBig Pferde waren es, alle hungrig und ein wenig abgemagert nach der lan- gen Reise. Sie fraBen hastig und tollten iiber den griinen Grund, walzten und schiittelten sich und machten sich dann wieder mit gleicher Begierde iiber das Gras her. Zwei halbwúchsige Burschen hiiteten die Tiere; sie waren zwei Stunden vor der gewöhnlichen Aufstehzeit geweckt worden, um die Pferde der Durchreisen- den zu bewachen. Nun endlich waren die Manner aus dem Skagafjord gekommen; schon den gan- zen Friihling iiber hatten die Burschen sich darauf gefreut. Es war ihnen leicht gefallen, zu dieser Arbeit aus dem Bett zu kommen; sie hatten eine unbandige Ereude daran, zwischen den Pferden herumzulaufen. Sie betrachteten sich jedes einzelne genau, ab und zu warfen sie sich einem von ihnen auf den Riicken. Aber einige Pferde waren ungezahmt, andere unbezwingbar störrisch, die schlimmsten AusreiBer und am schwersten zusammenzuhalten. An ihnen ver- suchten die Jungen ihre Kiinste vergebens, vor allem, weil sie die Tiere nicht zu záumen vermochten. Eines von diesen Pferden war dabei schneller und unruhiger als alle anderen; man sah ihm an, wie es darauf brannte, auf und davon zu laufen. Immerzu ver- suchte es, an den EluB zu kommen, der reiBend und gletschergrau das nach Nor- den geöffnete Tal hinabrauschte. Das Wasser sah nichts weniger als verlockend aus, und dennoch glaubten die Jungen, daB sie nicht davor halt machen wiirde, sobald sie Gelegenheit bekáme, diese fahlrote Stute mit der feuerhellen Mahne und dem Stern auf der Blesse! ,,Sie ist doch das schönste Tier“, meinte der áltere Bursche, ,,ich wollte sie lie- ber haben als alle anderen, so wild sie auch ist“. ,,Das glaube ich“, erwiderte der Jiingere, ,,ob es iibrigens wohl die ist, die Va- ter kaufen soll ?“ „Ich wollte nur, daB es so wáre. — Sonst, das wáre eine Sache, wenn man sel- ber Geld hátte, um sie zu kaufen! Die wird gut, kann ich dir versichern. Sieh mal, wie sie jetzt wieder vorneweg jagt!“ ,,Ja, gut wird die, und Vater kauft sie, das ist ja unmöglich anders“ — und dann starrten sie wieder auf „Stjarna“, die, aufgereckt und mit fliegender Máhne, vor den jungen Pferden einher- und den Hang hinaufhetzte, wo die úbrigen ruhig m einer mit Heide und Gras gefullten Mulde weideten. Um Mittag herum standen die Pferdehándler auf. Nachdem sie gegessen hat- ten, gingen sie zusammen mit den anderen Mánnern vom Hofe hin zu den Pfer- 63

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