Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1935, Síða 34

Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1935, Síða 34
Immer wieder stiirzte ich mich in die Arbeit, war todmiide und erschöpft, haBte Island, verabscheute seine wilde Herrlichkeit und verzweifelte an der Lösung der Aufgabe. Und habe es doch wieder geliebt, wie man nur das Unbegreifliche liebt mit der Leidenschaft der Verzweiflung: Diese Eigenart durchdringen und gestal- ten können, oder mich ganz daran verlieren — etwas anderes gab es nicht mehr. Tagelang saB ich an der Steilkiiste von Reykjanes vor den schwarzen Basalt- briicken, die in eine Unendlichkeit von Wasser und Sturm hinausweisen, sah die schweren Wolken dariiber ziehen, sah die Sonne in traumhaft zarten Farben dar- auf spielen, sah die Brandung herandonnern mit unvorstellbarer Gewalt, wie die Urkraft des Lebens gegen den damonisch dunklen Willen der Erde, sah die stillen Wasser des Kleifavatn abends und morgens in unbeschreiblich feierlichen ern- sten Earben leuchten und dariiber die schwarzen bizarren Teufelsberge, wohnte wochenlang am FuBe des Þyrill, dieses dunklen Basalt-Unholdes, stieg den Glet- schern entgegen, um Befreiung zu finden,und blieb im Sumpf stecken, malte in den Lavaspalten von Þingvellir die versunkenen Edelsteine am Grund der dunk- len schlafenden Wasser — immer war es doch das gleiche beunruhigende Gefiihl: diese drohenden, tuckischen Berggestalten, diese schwarzen Lavawústen, die un- heimlichen schweren Wolken, sie sind nicht das Werk desselben heiligen, gtitigen Schöpfers, der die lichten Bergriesen unserer Alpen gebaut hat. Ein Dámon war hier am Werk — schafft heute noch in dunklem Zwang, in Qual und Empörung. Diese schwarzen Berge und Felsen sind Manifestationen des Bösen, Rauheit und Ejraft ohnegleichen. Stárke, HaB und Túcke bauten hier, unheimliche Gewalten, und selbst unter der StiBe und Lieblichkeit blumenumkránzter Eilande schlum- mert die schwarze Lava, lauert der Dámon. Aber unwiderstehlich locken die dunklen Máchte immer tiefer in die furchtbare Einsamkeit, in starre, wilde Berg- schrúnde, gefáhrliche Súmpfe und wirre Lavawústen. Sie zu fassen, sie immer wieder darzustellen, ihnen Gestalt zu geben — ist die einzige Möglichkeit, sich ihrer zu erwehren, den unheimlichen Bann zu breehen und zurúckzufinden in die ferne, geliebte Bergheimat. Schöner scheint sie mir und friedvoller denn je zu- vor, nach diesen Monaten des Ringens um ein fremdes Land. Aber ferne im Norden warten Islands Dámonen drohend und rátselhaft wie nur je. Sie wissen, daB wir wiederkommen mússen, wie alle, die Islands rátsel- volles Anthtz geschaut haben. 70

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