Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1935, Blaðsíða 43
der Sehwede Johanes Edfeldt gekommen, ein Lvriker, dessen Kunst gerade im letzten Win-
ter in seiner Heimat viel Beachtung fand. Aus Deutschland wahlte die Deutsche Akademie
der Dichtung den jungen Herybert Menzel aus der Grenzmark Posen-WestpreuBen, Wolfram
Brockmeier aus Leipzig, und Friedrich Ludwig Barthel aus Miinchen. In Erohsinn und Sorg-
losigkeit wurde der Sommer verbracht, aber keineswegs im Nichtstun. Collianders Buch iiber
Deutschland, Barthels „Tannenbergzyklus“, manch neue Gedichte von Brockmeier, ein
Roman von Sveen und der Anfang einer Erzáhlung von Menzel, um nur einiges zu nennen,
sind in dieser Sommerarbeit des ersten Jahres entstanden. Und das Jahrbuch „Sterne und
Strand“ legt Zeugnis davon ab, wieviel an guten Úbersetzungen in Gemeinschaftsarbeit
entstanden ist und wie der Geist der Ostsee einte und formte.
Der Anfang war gemacht, der Beweis erbraoht, Menschen, von denen jeder eine eigen-
gepragte Persönlichkeit war, Menschen aus verschiedenen Lándern zusammenzubringen und
so neues Erleben zu bringen, die Kenntnis von Land zu Land hiiben und driiben zu mehren
und zu vertiefen.
Als im Schein der ersten gelben Blátter und zur Zeit der spáten Asternbliite das Haus
sein Tor nach dem ersten Sommer schloB, war eins gewiB — das Schriftstellerhaus war
kein Versuch geblieben, sondern Tatsache geworden. Und so kam der zweite Sommer heran,
und wieder folgten diesmal 7 Schriftsteller der Einladung.
Diesmal vertrat Tore Oerjasetter Norwegen, wiederum ein Landsmaaldichter, aber kein
junger Anfanger, sondern ein reifer Mann, der seinem Volk bereits viele Biicher bester Lyrik
wie auch einige dramatische Werke gab. Er kam von seinem Bauernhaus aus der Náhe des
Gudbrandsdales, entbehrte in der ersten Zeit die GroBartigkeit seiner Ileimatlandschaft,
aber lebte sich rasch ein und war ein weiser Kiinder gesunden Bauerntums; oftmals dachte
man in Gespráchen mit ihm: So waren die alten Sagaerzáhler, so waren die Sánger unserer
guten friihen Zeit. Ragnar Ekelund war Einnland-Schwede, malte mehr als er dichtete —
zu Hause — und hatte jenen stillen Witz, der aus einer langen tiefen Menschenbeobachtung
kommt. Als Einne stellte sich Toivo Lyy ein, der das ganze Nibelungenlied aus dem Mittel-
hochdeutschen ins Finnische ubertrug und damit fiir die deutsche Dichtung in Einnland eine
groBe Leistung vollbrachte. Aus Schweden war Vilhelm Moberg gekommen, der groBe Er-
zahler, dessen Werke „Kamerad Wacker“ und „AUes um das Wohl der Stadt“, auch schon
bei uns bekannt sind. Und zum erstenmal in diesem Jahre hatte das Haus auch einen Is-
lánder als Gast, Kristján Albertson, ein guter Ereund Deutscldands, der am Anfang seinor
kiinstlerischen Laufbahn steht. — Da unsere jungen deutschen Schriftsteller zumeist einen
sogenannten „biirgerhchen“ Beruf haben, konnten manche, die die Wahl traf und die auch
den Wunsch hatten zu kommen, der Einladung nicht folgen. So war Deutschland nur durch
zwei Dichter vertreten. Und der Zufall wollte es, daB sie beide aus dem Westen kamen. Fritz
Biichler stammt aus dem ElsaB, er sitzt jetzt tief unten im badischen Land — ein Buch Ge-
dichte hat er erst der Öffentlichkeit iibergeben — es kiindet vom ElsaB und spricht von
inneren Kámpfen und Entscheidungen. Der zweite Deutsche war der Saarlánder Johannes
Kirschweng, der gerade dio Nordlánder iiber das Leben an der Saar aufkláren konnte und
dessen Werke wohl nun auch Eingang im Norden finden werden.
Sieben Nordlánder und Deutsche trafen sich auch in diesem Jahre, wurden gute Kamera-
den, erlebten das gemeinsame Mee^, lernten alle Deutschland kennen, zogen gemeinsam nach
Ostpreufien und werden nun, wenn sie heimkehren, erzáhlen von den Lándern, von der
Dichtung des Nordens und von Deutschland, seinem Tun und seiner Haltung, werden er-
záhlen von Gesprachen mit Alfred Ilosenbcrg, Baldur von Schirach, Hans Friedrich Blunclc,
die mit manchen anderen das Haus besuchten. Sie werden erzahlen von dem Besuch vieler
Landjahrheime, die wir unter der persönlichen Eiihrung von Reichsminister Rust, der eben-
falls Gast des Hauses war, besichtigten, und wiederum wissen 7 Menschen, nein, jetzt schon
15 von der Verwandtschaft, vom Eigenleben und von der Gemeinschaft.
Das Schriftstellerhaus löst so seine Aufgabe, die der Norweger Jóhan Boyer bei dor Er-
79