Mitteilungen der Islandfreunde - 01.12.1935, Síða 46
í
k'eit. Herrmann bezeichnet letztere mit schátzungsweise 150—200 m Höhe und giht die rich-
tige Plateauhöhe von etwa 1500 m an. Warum muB hei Schmid das Inlandeis 500 m höher
sein? Wáhrend Herrmann berichtet: „Wir hahen Spalten bis 80 m Tiefe gemessen“, sagt
Schmid zu dieser Sache ausdriicklich: „Mehr als 60 m konnten wir mit unseren Seilen nicht
messen.“ Hier liegt also offensichtlich in den beiden Berichten iiber zu gleicher Zeit und ge-
meinsam vorgenommene Beobachtungen von zwei wissenschaftlichen Reisenden wenig tíhcr-
einstimmung vor!
Aus welchem Grunde wird dann weiterhin hei der Aufzáhlung der drei Expeditionen die
allgemein bekannte Teilnahme des isl. Geologen J. Áskelsson verschwiegen, der sowohl die
erste islándische wie auch die nur wenige Tage darauf folgende dánische mitmachte und so
als einziger Wissenschaftler (wahrscheinlich auch als einziger Mensch uherhaupt) den Stand
des Ausbruehs kurz nach Beginn imd wáhrend des ersten Abklingens miterlehen und heoh-
achten konnte. J. Áskelsson war der einzige Wissenschaftler, der mit dem Bergsteiger und
Maler Gudmundur Einarsson das Wagnis der ersten Reise teilte; und seine Teiinahme an der
Kielsen-Expedition dúrfte daher allein schon wegen seiner Ortskenntnis und Eiserfahrungen
von gröBter Bedeutung gewesen sein. Weshalb dieser Mann also vergessen wird, zumal
Schmid hei der eigenen Reise alle Teilnehmer namentlich auffúhrt, ist unersichthch.
Wenn man dann daraufhin hest: „tjbcr den im Sommer wohl noch nie begangenen SW-
Teil des Gletschers“, ist man ob der Kúhnheit dieser von Sachkenntnis anscheinend unge-
trtihten Behauptung nur mehr wenig úberrascht. Wáre es aher nicht vielleicht ratsamer,
sich als Geographiehefhssener auch mit dem Studium der Erforschungsgeschichte und den
bereits geleisteten Vorarbeiten zu befassen ? Es mag hier ununtersucht bleiben, welche
Grtinde zu den groBzúgigen Zahlenúberhöhungen und Ungenauigkeiten gefúhrt haben. Es
genugt die Eeststellung, daB ein solches Arbeiten unwissenschafthch ist und kaum dazu bei-
trágt, den Wert der úbrigen Darstehung als zuverlassiges Quehenmaterial zu erhöhen.
Wenn auch unsere Islandzeitschrift keine spezielle wissenschafthche Eachzeitschrift ist und
aus gegebenen Grunden nicht sein kann, so erhebt sie dennoch Anspruch darauf, in ihren Bei-
trágen, fúr die die Verfasser verantworthch sind, einwandfreies und brauchbares Material zu
bringeh, und damit der Wissenschaft in den Island betreffenden Eragen durch zuverlássige
und nútzhche Quellenbeitrage zu dienen. Dies geschieht aUein durch gewissenhafte Sachhch-
keit, die trotzdem eine anschauliche und interessante DarsteUungsweise nicht auszuschheBen
braucht. Die Entscheidung zwischen beiden Arbeitsmethoden bleibt jedem selbst úberlassen
und damitletzten Endes auch seine Einschátzung. Unlángst hatder Grönlandforscher Georgi
Klage úber „mangelhafte Berichterstattung úber Polarfragen"1 in der Presse erheben mús-
sen, in der geradezu erstaunhche Unrichtigkeiten ans Licht gebracht werden. Wáhrend es
sich dort aber im wesenthchen um zusammengeschriebene Berichte von Presseschreibern
handelte, so erscheint es um so bedauerhcher, daB hier ein Originalbericht eines Expeditions-
mitghedes in áhnhches Eahrwasser geraten ist. —
Búcherbesprecliuiigen
Jón Ófeigsson: þýzk-lslenzk Ordabók
Deutsch-Islándisches Wörterbuch.
Reykjavík 1935. 930 S. Kr. 27.—.
Das Erscheinen des deutsch-islándischen Wör-
terbuches war vieUeichtdas gröBte islándische
Buchereignis des ganzen Jahres 1935. In den
Tagen, als es herauskam, war in Reykjavík
ein ganzes groBes Sonderschaufenster nur die-
sem Wörterbuch und seinem Verfasser Jón
Ófeigsson gewidmet, dessen BUd in groBer
Aufmachung zwischen den schwarzbraunen
Lederbánden des Buches stand.
Das Wörterbuch, dessen erste Inangriff-
nahme 25 Jahre zurúckhegt, hat einem immer
1 Deutsche Presse, Zeitschr. d. Reichsverbandes d. D. Presse, 1935, Nr. 22.
82