Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1943, Side 100
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LE NORD
chem Niveau eine Stabilisierung der Löhne und damit der Wah-
rung nach dem Kriege zu erstreben ist.
Geht der Lohn auf das Niveau der Vorkriegszeit herunter,
so wird der entsprechende Preissturz sehr stark, und man kann
sich schwerlich einen solchen in einem Ruck durchgefiihrt den-
ken. Eine allmáhliche, schrittweise stattfindende Senkung der
Preise und Löhne, mit anderen Worten ein Deflationsprozess,
wird jedoch alle Bauherren, Gescháftsleute und Produzenten dazu
veranlassen, eine abwartende Haltung einzunehmen. Man wird
sich auf ein weiteres Sinken der Unkosten und Preise einstellen,
und grosse Teile der Produktion miissen unter solchen Verhált-
nissen zum Stillstand kommen. Die unausbleibliche Folge ist eine
langanhaltende Depression mit grosser Arbeitslosigkeit und zahl-
reichen Konkursen. Diese Entwickelung ist aus den Jahren 1920—
22 und 1925—26 wohl bekannt. Die Spuren schrecken. Man wird
sich schwer die Wiederholung einer solchen Deflationspolitik vor-
stellen können.
Andererseits kann man versuchen, das gegenwártige Lohn-
niveau, dass um etwa 40 % höher liegt als 1939, aufrecht zu
erhalten. In diesem Falle miissen die Devisenkurse so fixiert wer-
den, dass das Preisniveau auch entsprechend höher wird. Dadurch
vermeidet man den Deflationsprozess und kommt viel leichter
iiber die Arbeitslosigkeit der ersten Nachkriegszeit hinweg. Auf
lángere Sicht wird eine solche Entwickelung besonders fiir Haus-
besitzer, Landleute und Gewerbetreibende mit einer grösseren
Schuldenlast vorteilhaft sein. Die Preise, welche die Einnahmen
dieser Bevölkerungsgruppen bestimmen, werden námlich um etwa
40 % iiber denen der Vorkriegszeit stabilisiert werden, wáhrend
die Hypothekenzinsen nicht steigen. Fiir die Arbeiter wiirde der
Vorteil nicht darin liegen, dass sie einen höheren Lohn erhielten
als in dem anderen Falle, denn die Lebensunkosten wiirden ja auch
gleichzeitig höher sein. Dagegen wiirde die Aufrechterhaltung der
Bescháftigung von grossem Werte fiir die Arbeiter sowohl wie die
Arbeitgeber der Industrie sein. Verluste wiirde diese Methode nur
den Rentenempfángern und anderen Bevölkerungsgruppen mit
ganz festen Einnahmen bringen. Sie wiirden keine Kompensation
fiir die höheren Lebensunkosten erhalten. Diese wehrlose und in
der Regel bescheidene, aber auch in produktionsmássiger Be-
ziehung etwas passive Bevölkerungsgruppe ist immer in Gefahr,
wenn das Niveau erst gestiegen ist.
Die Erfahrung lehrt, dass man in der Regel die letzte Me-