Jökull - 01.12.1984, Page 99
Das Gletschervorfeld des Vatnajökull am Oberlauf
der Djúpá, Sudisland
Kurt Jaksch
Fieberbrunnerstrasse 5a
A—6380 St. Johann in Tirol, Österreich
ZUS AMMENFASSUNG:
Die Datierung von Moranen historischer Glet-
schervorstösse mit Hilfe der Lichenometrie diirfte
in Island nur in den Vorfeldern von Schreitglet-
schern, die in Talern oder Einbuchtungen des
Gebirgsrandes enden, ohne besondere Schwierig-
keiten möglich sein. Dagegen sind die Moranen
von Gletschern, in deren Bereich nennenswerte
Felsaufragungen fehlen und deren Eislappen sich
auf weitráumigen Sanderflachen ausbreiten, vor-
laufig mit Flechten nicht absolut zu datieren. Der
Grund liegt im Mangel an geeigneten Substratflá-
chen, in Geschiebebewegungen, die in den mehr
breiigen Moránen auch nach ihrer Ablagerung
lánger andauern, und in der starken korradieren-
den Wirkung des Windes. Da das Zusammenwir-
ken dieser das Flechtenwachstum störenden Ein-
flusse gebietsweise wechselt, ist es schwer, hier
eine Grundlage fur die Datierung zu schaffen.
Jedenfalls sind die Maximaldurchmesser von Rhi-
zocarpon geographicum auf diesen Moránen im
allgemeinen kleiner. Solches gebietsweise unter-
schiedliches Flechtenwachstum zeigtsich beispiels-
weise an ein und demselben Moránenwall im Vor-
feld des Sídujökull, je nachdem ob die Mordne
eine Sanderfláche („Fossahraun-Abschnitt“) oder
einen Bergrucken (Langasker), der iiberdies
windgeschtitzter ist, quert.
Die besonders ftir die flachen und breiten Zun-
gen des nördlichen und stidwestlichen Vatnajökull
typischen „plötzlichen Gletschervorstösse", wie
sie z.B. auch beim Sídujökull auftreten, beeinflus-
sen die östlich der Hágöngur gelegenen Gletscher
nicht. Das bewirkt u.a. ein subglazialer Rticken,
der die Náhrgebiete der beiden Gletscherareale
trennt. 1934, demJahr des letzten Grímsvötn-Aus-
bruches, dtirfte es dennoch zu beinahe gleichzeiti-
gen Gletschervorstössen gekommen sein. Eine da-
mals östlich der Hágöngur entstandene Endmora-
ne zeigt — da weiter ausserhalb gelegene Moránen
fehlen - die grösste Ausdehnung dieser Gletscher
in historischer Zeit an. Photos der österreichi-
schen Vatnajökull-Expedition von 1935 geben da-
zu wichtige Hinweise.
SUMMARY
The dating of moraines of historical glacier
advances with the help ofthe lichenometric system
must be possible without much difficulty in Ice-
land only in the pro-glacial areas of outlet glaciers
which end in valleys or in indentations ofthe edge
ofthe mountains. On the other hand the moraines
of glaciers which have no outcrops of rock nearby
and the icelobes of which spread out on large
outwash plains cannot be dated exactly at this
time. The reason for this lies in the lack of suitable
substratum surfaces, in boulder movements which
go on longer in the muddier moraines even after
their deposition, and in the corrasive effect of the
wind. the joint effect of these influences which
disturb the lichen growth changes from area to
area it is difficult to create a basis for the dating.
The greatest diameter of Rhizocarpon geographi-
cum on these moraines is, at any rate, smaller.
Such area-varied lichen growth can be seen, for
example, on one and the same moraine ridge in
the pro-glacial area of the Sídujökull, depending
on whether the moraine crosses an outwash plain
(Fossahraun-section) or a ridge (Langasker)
which is also sheltered from the wind.
The “sudden glacial advances", as, for exam-
ple, at the Sídujökull, which are typicalfor the flat
and wide tongues of the northern and southwest-
ern Vatnajökull do not occur in the glaciers east of
the Hágöngur. Among other things this has to do
with a subglacial ridge which divides the
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