Studia Islandica - 01.06.1940, Síða 84

Studia Islandica - 01.06.1940, Síða 84
82 sie nach volkstumlichen Úberlieferungen niedergeschrieben wurde. Sie enthált keine Hinweise auf miindliche Erzáhlungen oder Erzáhlungsvarianten und weicht, was Stoff und Wesen an- geht, von denjenigen Sagas ab, von denen man Grund hat anzu- nehmen, dass sie auf volkstumlicher Tradition beruhen. Es ist höchst wahrscheinlich, dass der Verfasser die Landnáma gekannt und benutzt habe und von ihr bewusst abgewichen sei. Er dachte nicht daran, eine wahre Saga zu schreiben, sondern einen wir- kungsvollen Eoman. Das ist ihm auch gelungen. Die Komposition der Saga ist meisterhaft, der Zusammenhang der Ereignisse •ebenso natiirlich und folgerecht wie in einem guten Roman. Nur 8 Personen werden in der Saga geschildert, und diese Charakteristiken sind alle deutlich und durchdacht. In der Schil- derung Hrafnkels wird die Entwickelung eines Charakters dar- gestellt, und in der Schilderung der Þjóstarsöhne tritt eine kiihne und raffinierte psychologische Analyse zu Tage. AU dies weicht von der volkstiimlichen Erzáhlkunst ab. Der Verfasser ist fiir seine Zeit ein hochgebildeter Mann gewesen, im Besitz von grosser Phantasie und Menschenkenntnis. Er hat vieles von dem Besten gelesen, was in der islándischen Literatur vor ihm ge- schrieben war, und hat es verstanden, daraus Nutzen zu ziehen, ohne die Motive der álteren Schriften zu verwenden. Die Saga ist im besten Sinne national, unromantisch und realistisch. Die zielbewusste Darstellungskunst ist die Frucht einer literáren Entwickelung und spiegelt nicht eine volkstumliche Erzáhlweise wieder. Dem Verfasser der Hrafnkatla ist es gelungen, jenen Gipfel der Erzáhlkunst zu erreichen: eine Illusion von Mundlich- keit zu geben, in reicherem Masse als diejenigen Verfasser, die sich mehr an die Tradition hielten. Keine Islándersaga ist leichter im Gedáchtnis zu behalten und wiederzuerzáhlen. Nach all dem, was wir sonst iiber die Entwickelung der is- lándischen Erzáhlkunst wissen,ist es am natiirlichsten, die Nieder- schrift der Hrafnkatla zwischen 1250 und 1300, ja náher an 1300, zur áhnlichen Zeit wie die Njálssaga, zu setzen. Die áltere Datierung (um 1200) war niemals an irgendwelche annehmbare Argumente gebunden. Das gewonnene Resultat iiber die Entstehung der Hrafnkatla lásst allerdings keine allgemeinen Schlussfolgerungen iiber andere Islándersagas zu. Jede Saga muss fiir sich untersucht werden. Man hat die Sagas uberhaupt zu allgemein behandelt, hat sich Anschauungen von einzelnen Beispielen, die hier und da gesam- melt wurden, gebildet, und hat darauf die Sagas nach diesen An- schauungen beurteilt und ist háufig im Kreise gegangen: die
Síða 1
Síða 2
Síða 3
Síða 4
Síða 5
Síða 6
Síða 7
Síða 8
Síða 9
Síða 10
Síða 11
Síða 12
Síða 13
Síða 14
Síða 15
Síða 16
Síða 17
Síða 18
Síða 19
Síða 20
Síða 21
Síða 22
Síða 23
Síða 24
Síða 25
Síða 26
Síða 27
Síða 28
Síða 29
Síða 30
Síða 31
Síða 32
Síða 33
Síða 34
Síða 35
Síða 36
Síða 37
Síða 38
Síða 39
Síða 40
Síða 41
Síða 42
Síða 43
Síða 44
Síða 45
Síða 46
Síða 47
Síða 48
Síða 49
Síða 50
Síða 51
Síða 52
Síða 53
Síða 54
Síða 55
Síða 56
Síða 57
Síða 58
Síða 59
Síða 60
Síða 61
Síða 62
Síða 63
Síða 64
Síða 65
Síða 66
Síða 67
Síða 68
Síða 69
Síða 70
Síða 71
Síða 72
Síða 73
Síða 74
Síða 75
Síða 76
Síða 77
Síða 78
Síða 79
Síða 80
Síða 81
Síða 82
Síða 83
Síða 84
Síða 85
Síða 86
Síða 87
Síða 88

x

Studia Islandica

Beinleiðis leinki

Hvis du vil linke til denne avis/magasin, skal du bruge disse links:

Link til denne avis/magasin: Studia Islandica
https://timarit.is/publication/1542

Link til dette eksemplar:

Link til denne side:

Link til denne artikel:

Venligst ikke link direkte til billeder eller PDfs på Timarit.is, da sådanne webadresser kan ændres uden advarsel. Brug venligst de angivne webadresser for at linke til sitet.