Saga - 1968, Blaðsíða 83
KRAFAN UM ÞINGRÆÐI
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Der Verfasser weist nach, dass die Forderung nach Parlamentarismus
urspriinglich nicht in Benedikt Sveinssons verfassungspolitischem
Programm enthalten war und dass diese Forderung erst nach und
nach den augenscheinlich breiten Raum einnahm, den sie Anfang der
neunziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts innehatte. Diese Auf-
nahme geschah aber zunahst aus taktischen Griinden und nicht so sehr
aus tlberzeugung. Sie war ein Nachgeben gegeniiber radikaleren ver-
fassungspolitischen Ansichten, um einerseits die fiihrende Stellung
behaupten und andererseits das eigene Selbstándigkeitsprogramm
durchsetzen zu können.
Die Ergánzungswahlen in vier Wahlkreisen im Jahre 1890 und die
Wáhlerversammlungen von 1891 zeigten, dass „der Kompromiss"
unter den Wáhlern nur wenig Zustimmung fand. Auf dem Althing
des Jahres 1891 eroberte Benedikt Sveinsson seine Stellung als Fiihrer
im Verfassungskampf zuruek. Ihm zur Seite standen Sigurður Stefáns-
son und Skúli Thoroddsen, der im Althing neu war. Der Verfassungs-
vorschlag, der von Benedikt Sveinsson und Sigurður Stefánsson der
Zweiten Kammer („neðri deild") vorgelegt wurde, war identisch mit
dem, den diese Kammer 1887 angenommen hatte. Weggefallen war
jedoch das Verbot provisorischer Finanzgesetze. Auf Vorschlag des
Konstitutionskomitees wurde dann allerdings diesVerbot wieder hinzu-
gefiigt, jedoch unterschied es sich sowohl von dem kategorischen des
Jahres 1887 als auch von dem bedingten des Jahres 1889: wenn das Al-
thing ein Finanzgesetz nicht angenommen hatte, oder wenn das Gesetz
nicht bestátigt wurde, dann sollte das zuletzt vom Althing angenom-
mene Finanzgesetz weiterhin gelten. Wáhrend die Verbote von 1887
und 1889 in der Praxis ein Veto gegen ein Finanzgesetz ausschlossen,
setzte der Komiteevorschlag voraus, dass die Annahme eines Finanz-
gesetzes verweigert werden konnte. Der Verfasser hált es fUr wahr-
scheinlich, dass das abgeschwáchte Verbot von Benedikt Sveins-
son stammte. Der Komiteevorschlag verfiel jedoch der Ablehnung.
Angenommen wurde dagegen ein mit dem Verbot von 1889 gleich-
lautender Vorschlag von Páll Briem. Die mit diesem Verbot
gekoppelte Einschránkung des Auflösungsrechts im Verfassungsan-
tcag von 1889 lehnte aber die Zweite Kammer jetzt ab. Der Ver-
fassungsvorschiag wurde 1891 von der Ersten Kammer mit den
Stimmen der von König erwáhlten Abgeordneten und der Grímur
Thomsens abgelehnt. Aber das Ergebnis der Kompromisspolitik von
1889 war 1891 deutlich sichtbar: „der Kompromiss" war als politisches
Mittel des Verfassungskampfes verworfen worden.
1893 und 1894 vollzog das Althing zum zweiten Mal eine Revision der
Verfassung, diesmal ohne nennenswerte Diskussion. Das Verfassungs-
Sesetz, das angenommen wurde, dem dann die Bestátigung verweigert
wUrde, war in den Hauptztigen das von 1885 und 1886. Aber zwei
Bestimmungen, die im Grundgesetz von 1885/86 noch nicht enthalten
Sewesen waren, gaben sichere Garantien dafur, dass die Regierung
keinen weitreichenden Gebrauch von ihrer Möglichkeit zur provisor-
■schen Gesetzgebung machen konnte, und es wurde unterstrichen, dass