Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1944, Blaðsíða 157
HERINGSFISCHEREIEN ISLANDS
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dazu bei, dass den Islándern um die Mitte des 19. Jahrhunderts
die Heringsfischerei so gut wie fremd war.
Jahrhunderte hindurch erschienen die Heringsschwárme das
eine Jahr nach dem anderen an den Kiisten des Landes und in
den fischreichen Meerbusen, nur von Walfischen und anderen sie
verfolgenden Todfeinden gestört. Es fehlte indessen den Islándern
sowohl an Unternehmungsgeist wie an Kapital, um dem Meere
diesen Reichtum zu entreissen, aber einige Bahnbrecher erkannten
doch, dass hier eine Goldgrube vorhanden war, die es nur aus-
zunutzen galt. Mehrere Yersuche wurden unternommen, die Er-
gebnisse waren jedoch nur gering. Erst ums Jahr 1860 wurden
die Norweger, die von Haus aus mit der Heringsfischerei vertraut
waren, auf die glánzenden Aussichten aufmerksam, die diese Fi-
scherei in den islándischen Fahrwássern eröffnete, und nachdem
die Norweger zuerst auf dem Ostlande, spáter in dem Inselfjord
(Eyjafjördur) auf dem Nordlande mit Erfolg Heringsfischerei
betrieben hatten, begannen die Islánder zu verstehen, dass es
sich hier um gewaltige Möglichkeiten handelte, die sie selber
ausnutzen sollten. Die Norweger arbeiteten anfangs vom Lande
aus und benutzten offene Boote. Stellnetze waren am billig-
sten und leicht zu beschaffen; sie bestanden aus einer Reihe von
Netzen, die abends auf niedrigem Wasser in der Náhe der
Kiiste — in der Regel auf Sandgrund oder nahe bei Fluss-
miindungen — aufgestellt wurden. Am folgenden Morgen wur-
den die Netze dann an Land geholt und entleert. Diese Me-
thode wird noch immer angewandt, besonders wo es sich um
Heringe handelt, die zum Köder bestimmt sind. Der grösste
Teil der Kiistenfischerei wurde jedoch auf eine mehr zweck-
mássige und gleichzeitig mehr kostspielige Weise betrieben, nám-
lich mit Hilfe eines Wurfnetzes von ungefáhr 300 m Lánge und
ca. 35 m Tiefe, und drei kleinerer Netze. In der Regel wurden
ein Deckfahrzeug und 3—4 offene Boote angewendet. Eine sol-
che Bootsgemeinschaft záhlte 16—18 Mann, die sich von Ort zu
Ort, von Fjord zu Fjord begeben konnten, je nach dem Aufent-
haltsorte der Heringe. Man suchte die Heringe einzukreisen, wenn
sie in die kleinen Buchten und Meerbusen eindrangen, und auf diese
Weise konnte man mehrere hundert Tonnen Heringe auf ein-
mal einschliessen. Dies war sehr leicht, wenn die grossen Herings-
schwárme die Wasseroberfláche schwarz fárbten. Wenn die He-
ringe sich tiefer unter Wasser hielten, ging man mit einem Was-
serglas auf die Suche oder stellte das Vorhandensein der Heringe
mittels eines Handlots fest, das von einem Boote aus an einer be-