Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1944, Blaðsíða 305
DIE RÚSTKAMMER VON VALSGARDE
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das altenglische Epos eine dichterische Darstellung des 6. Jahr-
hunderts sein will. Dem entspricht, dass die nordische Waffen-
riistung um 700 offenbar nur einen schwachen Abglanz, aber den-
noch eine deutliche Fortsetzung des weit vornehmeren und ge-
diegeneren Luxus darstellt, der nach den vorliegenden sparsamen
Funden aus der Zeit um 500 zu urteilen das »goldene Zeitalter«
des Nordens auszeichnete.
Der Verfasser des Beowulf schildert mit offenbarer Begeiste-
rung den Einzug der geatischen Krieger in die Halle des dánischen
Königs Hrodgar:
Die Eber aus Gold,
die feuergeharteten, funkelten hell
ob den Wangenbergen*)....
Der Pfad war bunt gepflastert mit Steinen,
dem die Helden folgten. Die Harnische blitzten,
die handgefiigten, und hell an der Riistung
klirrte das Schwert, als zur Königshalle
in den Kampfgewandern die Krieger schritten.
Dort setzten die Mánner, vom Segeln ermiidet,
an des Hauses Wand, die harten Schilde,
zur Bank nun eilend; die Briinnen erklangen,
der Seemánner Kampfschmuck. Zusammen standen
die glatten Speere mit grauer Spitze,
die Eschenscháfte: die Eisenschar fiihrte
gewáhlte Waffen. Ein wackrer Krieger
fragte alsbald nach der Fremden Herkunft:
»Woher die schimmernden Schilde fiihrt ihr,
die Briinnen grau, die bergenden Helme,
der Heerscháfte Menge?«... .**)
Lasst uns nun sehen, wie ein Edelmann von Valsgárde ums
Jahr 700 in seiner Riistung aussah! Wir beginnen mit den am
zahlreichsten vertretenen Waffen.
Die Schilde, die man in einer Anzahl von 11 in der Riistkam-
mer vorfindet, sind in Abbildung 1 mit einem vornehmen Exem-
plar vertreten. Die Scheibe selber ist aus Holz, aber auf beiden
Seiten mit Fell bekleidet. Das Holz ist nur 6—8 mm dick, die
Breite jedoch betráchtlich, in einigen Fállen bis zu 1,1 m. Die
erstaunliche Grösse und ’Weichheit beruhen vermutlich darauf,
*) Die Wangenberge ist der Teil des Helmes, der Wangen und Kinn
schiitzt.
**) Beowulf. Obersetzt und erláutert von Hugo Gering. 2. Aufl. Heidelberg
1913. Vers 303—305 und 320—335.