Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1944, Blaðsíða 160
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LE NORD
bereit am Wettlauf teilzunehmen. Hier ist Konkurrenz und
Kampf, Erfolge wechseln mit Misserfolgen. Es gilt zur Stelle zu
sein, wenn die Heringsziige erscheinen. Allenthalben herrscht
Spannung. Die Besatzungen arbeiten fieberhaft. Alle sind Teil-
haber am Fang, und fiir jedes einzelne Schiff wird das Ergebnis
veröffentlicht. Dadurch wird das Tempo noch mehr beschleunigt.
Kapitán und Mannschaft sind gleich eifrig. Rekorde werden auf-
gestellt und geschlagen. Es bleibt fast keine Zeit zum Schlafen,
aber die Anstrengungen werden mit einem guten Fang belohnt.
Oben an den Bollwerken und an den Briicken entlang ist man
nicht weniger emsig bescháftigt. Unmittelbar nach der Ankunft
der Schiffe, die in der Regel nachts stattfindet, soll das Einsalzen
vorgenommen werden. Die Frauen, die die Heringe reinigen und
in die Tonnen legen, haben allmáhlich eine solche Fertigkeit er-
worben, dass ein Fremder iiber das Arbeitstempo staunen muss.
Rasche Hánde, schneller Wortwechsel; es gilt die grossen Werte
rechtzeitig zu bergen. Die Stille der Sommernáchte wird von dem
Schnauben der Motoren der schwer geladenen Schiffe unterbro-
chen. Frachtdampfer mit einer Tonnenlast, die fast iiber den
Schornstein hinaufragt, gleichen schwimmenden Palásten. Der
Hafen wimmelt von Fischdampfern, Motorkuttern, Tankschif-
fen usw. Der eine Mast steht dicht neben dem anderen wie Báume
im Walde, und die Flaggen aller möglichen Nationalitáten bil-
den eine bunte Blumenpracht.
Bis um 1930 war die islándische Heringsfischerei etwas von
einem Lotteriespiel, zum grossen Teil auf Grund mangelhafter
Organisation und planloser Produktion. Das eine Jahr war der
Gewinn erheblich, das andere Jahr brachte grosse Verluste, sodass
die Fischer und Arbeiter, die mit dem Einsalzen der Heringe be-
scháftigt waren, ihren Sommerverdienst zu nichts einschrumpfen
sahen. Oftmals wurden die Preise durch ungesunden und unlau-
teren Wettbewerb tief herabgezwungen, und auslándische Stroh-
mánner steckten den Gewinn in die Tasche. Man kontrollierte
weder die Menge der eingesalzenen Heringe noch die vorliegen-
den Absatzmöglichkeiten.
Der grösste Teil der islándischen Fischerflotte betreibt He-
ringsfischerei im Sommer, und trotz verbesserter Arbeitsmetho-
den, trotz grösserer und schnellerer Schiffe wurde dieser von Zu-
fálligkeiten geprágte Erwerbszweig von vielen Seiten mit Skepsis
betrachtet. Um dieser Unsicherheit abzuhelfen, wurde i. J. 1929
von der islándischen Regierung ein Verkaufsmonopol eingefiihrt.