Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1944, Blaðsíða 304
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LE NORD
Vorrat unvollstándige Hálften zweier solcher und legte sie in
einen hölzernen Kasten, um den Betrug zu verbergen. Man konnte
dies tun, da nach herrschendem Brauch die Waffen dem Toten
nicht angelegt, sondern ihm zur Seite oder zu Fiissen gelegt wur-
den.
Dass zahlreiche Gegenstánde schon bei der Niederlegung lange
im Gebrauch gewesen waren, geht aus anderen Beobachtungen
hervor. In einigen der Bootgráber wurden Erzeugnisse von zwei
bis drei auf einander folgenden Stilperioden gefunden. So lagen
z. B. neben einem Zaumzeug, von dessen vergoldeten Beschlag-
platten die meisten ganz modern waren, ein Schwert und ein
Helm, die etwa 50 Jahre friiher angefertigt waren. Der Helm
war jedoch vor kurzem an einer beschádigten Stelle mit Hilfe
eines in neuerem Stile verzierten Bronzeblechs ausgebessert wor-
den. Was die Schilde anbetrifft, von denen in jedem der reichsten
Gráber drei vorgefunden worden sind, scheint es geradezu eine
Regel gewesen zu sein, dass man sie erst dem Toten geopfert hat,
nachdem sie ein hohes Alter erreicht hatten. Dies erklárt sich
zweifelsohne daraus, dass diese Waffen, die jetzt aus verschiede-
nen Grábern hervorgeholt wurden, in friiheren Zeiten jahrzehnte-
lang als Wandschmuck in einer Festhalle, wie wir sie aus dem Beo-
wulfliede kennen, gedient haben. Es war diese Riistkammer, die
man von Zeit zu Zeit verschiedener Bestandteile beraubte, wenn
ein neuer Eigentiimer von hinnen schied.
Obgleich wie gesagt die Bestattungsbráuche fiinf Jahrhunderte
hindurch sorgsam befolgt wurden, lásst sich doch hinsichtlich der
Freigebigkeit, die man zu verschiedenen Zeiten an den Tag legte,
eine deutliche Veránderung nachweisen. In den zwei ersten Jahr-
hunderten spendete man den Toten viel reichere Gaben als in den
nachfolgenden; der grösste Luxus herrschte um 700, ein Zeitalter,
das auch auf anderen Gebieten in Schweden zahlreiche Zeugnisse
eines hohen Standards hinterlassen hat, der sicher mit einer erfolg-
reichen politischen Expansion jenseits der Ostsee in Verbindung
stand.
Die Funde von Valsgárde bieten uns mithin die beste Gelegen-
heit, die prachtvollen Waffen schwedischer Edelmánner in der
mutmasslichen Entstehungszeit des angelsáchsischen Beowulfliedes
zu bewundern. Hier finden wir auch in Wirklichkeit Gegenstiicke
zu den Riistungen, die in den Schilderungen dieser Dichtung von
hervorragenden Kriegern und Fiirsten in den skandinavischen
Lándern getragen wurden. Hierbei ist jedoch zu bemerken, dass