Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1944, Blaðsíða 167
HERINGSFISCHEREIEN ISLANDS
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zu finden sind. Die Fischer verlieren auf der Suche nach Fang-
platzen oft viele kostbare Zeit, und dazu kommt ausserdem ein
betráchtlicher Brennstoffverlust, wodurch der Gewinn erheblich
geschmálert wird. Um hier Abhilfe zu schaffen, begann man be-
reits i. J. 1931, die Nachsuchung der Heringsziige von Flugzeu-
gen aus zu organisieren. Island has als erstes Land das Flugzeug
im Dienst der Fischerei ausgenutzt — in anderen Lándern ist dies
nur vereinzelt vorgekommen. Die Ergebnisse sind ausserordent-
lich giinstig gewesen und haben nicht unwesentlich zu dem Auf-
bliihen dieses Erwerbszweiges beigetragen. Alljáhrlich stellt die
Regierung den Sommer hindurch Flugzeuge zur Verfiigung, die
die ganze Nordkiiste, Buchten und Meerbusen sowie eine betrácht-
liche Strecke des Meeres abpatrouillieren, wenn die Witterungs-
verháltnisse es gestatten und man Heringe zu finden erwartet.
Oft werden mehrere Fliige an einem Tage gemacht, und an der
ganzen Nordkiiste Islands entlang kann man auf diese Weise
recht schnell einen sehr guten Oberblik iiber die Fangmöglichkei-
ten gewinnen. Die Maschinen fliegen ganz niedrig iiber dem Was-
ser, und die Piloten sind imstande, dunkle Streifen und Flecken
zu beobachten, wo die Heringsschwárme auftreten. Im Rund-
funk melden die Flieger dann den Fischern, deren Fahrzeuge so
gut wie alle mit Empfánger- und Senderapparaten versehen sind,
ihre Beobachtungen mit Angabe der betreffenden Schiffsorte. Sind
Heringsziige festgestellt worden, begibt sich die ganze Flotte in
voller Fahrt nach den angegebenen Schiffsorten. Es gilt so schnell
wie möglich zum Ziel zu kommen, da die Heringsschwárme sich
nicht recht lange an derselben Stelle aufhalten. Auch gegenseitig
stehen die Fischer im Rundfunk mit einander in Verbindung, und
auf diese Weise erhalten sie wichtige Mitteilungen iiber die Aus-
sichten der Fischerei. Island hat zu aller Zufriedenheit diese Auf-
gabe erfolgreich gelöst, ehe eine andere Nation daran dachte, ein
Umstand, der bei der Beurteilung der staatlichen Betátigung auf
dem Gebiete des wirtschaftlichen Lebens nicht ausser acht gelas-
sen werden darf.
Die Entwickelung der islándischen Fischerei in den letzten
Jahrzehnten ist nicht bloss bemerkenswert, sondern geradezu er-
staunlich. Ein Land, dessen einziger Beitrag zur Kulturgeschichte
der Menschheit in dem reichen Literaturschatze einer fernen Vor-
zeit bestand, das Land der altnordischen Sagas, Mythen und Dich-
tungen, ist jetzt mit Riesenschritten als schaffender Faktor der
Weltwirtschaft in die Reihe der modernen Staaten eingetreten.
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