Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1944, Page 125
NORDISCHER HANDEL
103
wáhrend der letzten hundert Jahre wesentlich gestiegen. Dies ist
jedoch eine natiirliche Folge des Bevölkerungszuwachses und der
Produktionssteigerung, wie denn auch der gesamte Aussenhandel
in diesem Zeitraum einen bedeutend grösseren Umfang angenom-
men hat. Entscheidend fiir die Beurteilung der Steigerung des
Warenumsatzes ist dagegen die Frage, ob der internordische Han-
del stárker gestiegen ist als der Handel mit dem iibrigen Auslande.
Es kann mit Fug angenommen werden, dass der Handel zwi-
schen den nordischen Lándern — im Verháltnis zu dem gesam-
ten Aussenhandel dieser Lánder — zu gewissen Zeiten im 19.
Jahrhundert wesentlich höher gewesen ist als heutzutage. Dies
erklárt sich zum grossen Teil aus der politischen Geschichte.
Bis zum Jahre 1814 waren Dánemark und Norwegen unter einem
Herrscher vereinigt, und Dánemark versorgte damals Norwegen
mit verschiedenen Lebensmitteln. So wurde der gesamte Getreide-
importbedarf Norwegens von Dánemark gedeckt. Allerdings
ging diese dánische Getreideausfuhr nach der Abtretung Nor-
wegens an Schweden etwas zuríick, hörte jedoch nicht sofort auf.
Erst in den achtziger Jahren, als das billige uberseeische Getreide
auf den Markt kam, gab Dánemark die Getreideausfuhr auf. Die
landwirtschaftliche Produktion wurde uberwiegend auf tierische
Erzeugnisse umgestellt, eine Entwickelung, die iibrigens — ob-
schon in geringerem Umfange — auch in Norwegen und Schwe-
den stattfand. Das Ergebnis dieser Entwickelung war, dass Nor-
wegen und Schweden jetzt dánische Exportwaren weniger benö-
tigten als in friiheren Zeiten. Als Getreidelánder hatten sie nicht
mit Dánemark konkurrieren können, aber als Produzenten tie-
rischer Erzeugnisse nahmen sie eine verháltnismássig giinstige Stel-
lung ein, besonders auf Grund der ausgedehnten Grasfláchen, die
eine vorziigliche Basis der Viehzucht bildeten. Die unausbleib-
liche Folge war, dass die bisherige Oberlegenheit Dánemarks hin-
sichtlich der Konkurrenz auf dem Gebiete der landwirtschaft-
lichen Erzeugnisse geschwácht wurde, und dies konnte nicht um-
hin, auf den Handel Dánemarks mit den iibrigen nordischen Lán-
dern eine ungiinstige Wirkung auszuiiben. Dazu kam ferner, dass
Norwegen und besonders Schweden die eigene Landwirtschaft
durch die Erhöhung der Schutzzölle fiir eine Reihe animalischer
Erzeugnisse in erheblichem Masse begiinstigten. Ahnlich war es
um die industrielle Ausfuhr Dánemarks bestellt. Im 19. Jahr-
hundert war die industrielle Entwickelung in Dánemark betrácht-
lich weiter fortgeschritten als in Schweden, geschweige denn in