Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1944, Síða 315
DIE RUSTKAMMER VON VALSGARDE
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bar den mittelalterlichen Rittern gleichgestellt werden. Sie waren
durchaus nicht Barbaren, sondern in mancher Hinsicht zweifellos
ebenso gute Europáer wie die meisten Ritter.
Die Mántel, die ich oben beschrieben habe, gestiitzt teils auf
Funde von Stoffresten in den Valsgárdegrábern, teils auf gleich-
zeitige Zeichnungen aus verschiedenen Gegenden in Skandinavien,
besonders aus Gotland, waren ungefáhr dieselben wie die, welche
— nach Abbildungen und schriftlichen Zeugnissen zu urteilen —
von den Herren am fránkischen Hofe getragen wurden. Auch die
reiche Ornamentik deutet auf starke westeuropáische Impulse. Im
ubrigen machten sich wohl nicht viele Einfliisse des christlichen
Europa geltend. Bei weitem die meisten der in den Grábern zu
Valsgárde gefundenen Gegenstánde sind sicher Arbeiten upplán-
dischen Ursprungs, zu denen man in der Merowingerzeit nirgends
Gegenstucke findet. Sie bezeichnen ein örtliches, höchst achtens-
wertes Erbe aus viel álteren Zeiten.
Im allgemeinen miissen wir ins 5. und 6. Jahrhundert zuriick-
gehen, um das aussernordische Milieu zu finden, von dem die Mo-
delle herstammen. Die Helme z. B. gehen auf Vorbilder zuriick,
die von Soldaten der spátrömischen kaiserlichen Leibwache ge-
tragen wurden. Die Hefte und Scheiden der Schwerter erinnern
stark an Waffen, die zur Zeit der Völkerwanderung von germa-
nischen Kriegern auf dem Festlande benutzt wurden. Der eigen-
tiimliche, an den Ring einer Krampe erinnernde Auswuchs, den
man auf dem obersten Teil eines der abgebildeten Schwerter sieht,
(Abb. 2) ist eine in vergoldeter Bronze ausgefiihrte Nachahmung
der massiven Goldschmucksachen von gleicher Form, die wáhrend
unseres »goldenen Zeitalters« — d. h. um 500 — angefertigt und
getragen wurden. Die in den Heften der Schwerter eingelegten
Granaten sind nur vereinfachte Repliken der ausgezeichneten
Goldschmiede, die um die genannte Zeit hierher gebracht oder
hier angefertigt wurden, wiirdige Gegenstiicke zu den kostbaren
Waffen, die im Jahre 483 in das Grab des Frankenkönigs Chil-
derich in Tournai niedergelegt wurden.
Es waren die Gothen, die wáhrend ihres Aufenthalts an den
Kiisten des Schwarzen Meeres sich diese vornehme Goldschmiede-
kunst orientalischen Ursprungs aneigneten und Erzeugnisse dieser
Art unter den Germanen des Festlandes verbreiteten. Noch deut-
licher zeugen jedoch verschiedene andere Gegenstánde von Ein-
fliissen asiatischer Reitervölker. Dies gilt u. a. vom Sattel, der den