Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1985, Qupperneq 174
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im Islåndischen anbelangt, so kann man einmal darauf hinweisen, dass
Ennodius auch im Mittelalter bekannt war; in der karolingischen Re-
naissance befasste man sich mit seinen Carmina. Er war ein Mittler
der antiken Bildung fur das Mittelalter. Auch seine Briefe wurden im
Mittelalter gelesen.17 Kenntnis des Ennodius in Island ist also durch-
aus moglich; im iibrigen ist es auch denkbar, dass sich die Vorstellung
vom Schmerz als Eis bei noch anderen spåtantiken Schriftstellern fin-
det, auch wenn ich viber keine weiteren Belege verfuge.
Spater, im 14. Jh., ist der ganze Ausdruck: hrygdar jokull - Eis der
Trauer, der Sorge - in den Skåldhelganmur18 gebraucht:
1,2 hvorki nåde hite ne sol pann hrygdar iokul at pidna.
In dieser Ballade, mit der Klage des Dichters als Eingang, erscheint
die Verwendung des hrygdar jokull, den, wie er sagt, weder Sonne
noch Hitze schmelzen konnen, als spielerisch. Die Tonart in dieser
Ballade ist eine vollig andere als in Ghv. Wie bei Paulinus hindert die
Vereisung, hier aber eben als Schmerz pråzisiert, den Dichter am
Schreiben.
17 Nach: Reallexikon flir Antike und Christentum, hg.v. Theodor Klauser, Stuttgart
1960, Bd. 5, S. 420f. - Hinsichtlich einer eventuellen Beniitzung von Florilegien ist zu
sagen, dass z.B. im Florilegium Gallicum, einer der grossten mittelalterlichen Samm-
lungen von Exzerpten, aus etwa 40 Autoren, Ennodius nicht beniitzt ist. (S. Johannes
Hamacher: Florilegium Gallicum, Dissertation Koln 1975). Beniitzung von Zitaten aus
Cicero, Livius, Sallust, Lukrez, Horaz, Ovid, Vergil usw., anhand von Florilegien, wie
er glaubt, hat Skard fur die Historia Norwegiae nachgewiesen (Eiliv Skard, Målet i
Historia Norwegiae, in: SNVAO 1930, hist.-fil. Kl., No. 5), wåhrend er direkte Beniit-
zung von Vergil fur die Passio Olavi (Eysteinn von Nidaros) annimmt (Eiliv Skard,
Sprache und Stil der Passio Olavi, in: ANVAO 1932, hist.fil. Kl., No. 1). Auch in dem
ebenfalls weitverbreiteten, Guillaume de Conches zugeschriebenen Florilegium ‘Mora-
lium dogma philosophorum’ (Das Moralium Dogma philosophorum des Guillaume de
Conches, hg.v. John Flolmberg, Uppsala 1929), mit Zitaten aus Cicero, Seneca, Sallust,
Floraz usw. fehit Ennodius. (In der Hauksbok ist im iibrigen der komplette Text von
dem, was aus Conches ins Islandische iibersetzt wurde, wiedergegeben [Mattias Tveita-
ne, Corpus codicum norvegicorum Ser. 4 (Quarto), Oslo 1972, S. 28]). Freilich ist hier
auch zu sagen, dass - wie iiberall in den einschlagigen Arbeiten betont wird (s. z.B.
KLNM 21, S. 167) - die wissenschaftliche Beschåftigung mit den Florilegien noch nicht
sehr weit gediehen ist und ein endgiiltiges Urteil beziiglich Ennodius gar nicht moglich
ist. Zum anderen muss doch auch gesagt werden, dass es sich hier bei Ennodius um eine
derart spezielle Ausdrucksweise handelt, dass im Grunde kaum an eine Ubemahme in
Florilegien gedacht werden kann.
18 Skåldhelgarimur, hg.v. Finnur Jonsson, København 1905-1912, 1. Bd. (SUGNL
35).