Saga - 1964, Page 126
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BJÖRN SIGFÚSSON
Von etwa 900 A. D. an hatte der König eine Steuer, „Landaurar",
das Landungsgeld, von den Leuten gefordert, die nach Island fuhren
oder von dort kamen. Jede Steuer war verhasst, und ausserdem stritt
man iiber die Höhe des zu zahlenden Betrages. Mit dem Vertrag
von 1022 wurde dann folgender Betrag als Norm festgesetzt (Islend-
ingabók): jeder Mann, der aus Island nach Norwegen kam, sollte
dem König vier silberne „aurar“ oder zwei Kuhwerte (kúgildi) als
Landaurar zahlen. Islander in Norwegen sollten ab 1022 dem König
im Kriegsfall Wehrdienst leisten. Dadurch erreichte der König, dass
er den Islandern in unruhigen Zeiten verbieten konnte, Norwegen
zu verlassen.
Als Gegenleistung des Königs erhielten die Islander volle Zollfrei-
heit; auslandische Kaufleute waren ihm dagegen zollpflichtig. Mit der
Wehrpflicht erhielten die Islander bedeutende Biirgerrechte: sie
sollten in den Genuss des „höldsréttr" kommen: Wenn sie beleidigt
oder verwundet wurden, sollten sie das gleiche Entgelt wie die
„höldar" (Hofbesitzer) und doppelt so hohes Entgelt wie andere
Bauern erhalten. Der König verpflichtete sich weiter, die islandische
Schifffahrt ins Ausland in keiner Weise zu behindern. Dies war eine
islandische Forderung, die dazu diente, die mögliche Errichtung
eines Handelsmonopols zu verhindern. Ferner durfte der König in
Friedenzeiten keinen Islander in Norwegen zuriickhalten, der heim-
kehren wollte. Viele Bestimmungen des 580 Wörter enthaltenden
Vertrages haben das Ziel, Islándern und Norwegern in beiden Lánd-
ern nahezu gleiches Handels-, Prozess- und Erbrecht zu sichern. 900
Jahre blieb es so.
Es scheint, dass der König Ólafr gemeinsam mit einem Islánder
einen ansehnlichen Handel trieb. Auf dem Althing in Island konnte
vom Jahr 1022 ab uber die Rechtsforderungen des norwegischen
Königs gerichtlich geurteilt werden, ohne dass jemand sie rechts-
förmlich vor das Althing gebracht hátte (stefndi) •— ein Privileg, das
einzigartig ist.
Der Rechtsschutz war den Kaufleuten in Island bezw. Norwegen
immer sehr wichtig. Besonders im 13. Jahrhundert sah man in Bergen
in diesem Rechtsschutz der Kaufleute die entscheidende Bedeutung
dieses Vertrages. Mit zunehmender Kapitalisierung ging dann der
Islandhandel vollkommen in norwegische Hánde uber.
Als Island 1262 unter den König kam, erst in Personalunion mit
Norwegen, seit 1387 dann auch mit Dánemark, schloss es mit ihm
den „Gizurvertrag", der in seinen Grundzúgen zwischen Island und
seinem König bis 1918 galt, — und durch seine Fortsetzung im
Dánisch-Islándischen Bundesgesetz 1918—1944, das teilweise bis zum
Kriegsende 1945 nachwirkte, bis in die Gegenwart Bedeutung besass.
Wenn auch der „Landaurar" und einige andere alte Bestimmungen
im Jahre 1262 wegfielen, so bestátigte der Gizurvertrag doch die
weitere Gúltigkeit der anderen alten Rechte, die auch in der Zeit
von 1022 bis 1918 durch keine Gesetzesánderungen aufgehoben wor-
den sind.