Milli mála - 01.06.2016, Page 278

KUNST UND VANDALISMUS IM ZEICHEN DER MODERNE
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Vandalismus, die Selbstzerstörung, welche die Menschlichkeit be-
wahrt, nicht einen herrschenden Geist, sondern Verletzbarkeit,
nicht die Aussicht auf ein sinnvolles Leben, sondern die auf den
Tod, sie wird damit zur letzten Form, in der die Ambivalenz des
Kunstwerks erscheint. Denn ist es nicht gerade unsere Endlichkeit,
unsere verletzbare Körperlichkeit, die uns von der künstlichen
Intelligenz unterscheidet, die heute nicht nur kleine Lieder produ-
zieren kann, die von dem eingangs genannten nicht zu unterschei-
den sind, die nicht nur helfen kann, Wahlen zu gewinnen, die
Intelligenz, die uns an Umfang des Wissens und an der Fähigkeit
zu seiner Kombination bald übertreffen wird, die nicht als vergäng-
liche Person lebt, sondern als dauerndes System, das zwar lernen
kann, dass wechselnde Formen seiner Hardware weggeworfen oder
recycelt werden, das aber nicht so etwas wie Tod begreifen wird,
nicht als die Instanz, die es ihm erst ermöglicht, seiner Existenz
Sinn zu geben? Das zwar die Zeit messen, sie aber als seine
Existenzbedingung nicht begreifen kann? Dem es deswegen auch
nie gelingen wird, Kunstwerke zu schaffen, in denen der Tod alles
in der Schwebe hält.39 Vielleicht bekommt die von Joseph Beuys
gerne vorgetragene Geschichte von seinem Absturz als Kampfflieger
im Zweiten Weltkrieg, der ihn später zu seinen Happenings anreg-
te, eine andere symbolische Bedeutung als die, an der er gedacht
hatte. Nicht die Rettung durch einen Tartaren und die Pflege mit
Salben, sondern der Absturz ist dann das Entscheidende. Das end-
gültige Bild dieses Kunstvandalismus gibt es freilich schon lange,
es ist dasjenige des Gekreuzigten. Allerdings ohne Erlösung.
Coda: Das ultimative vandalistische Kunstwerk
Wäre die Erdkugel als eine Bombe, vielleicht angeregt von George
Lucas (Star Wars). Der Untergang der menschlichen Zivilisation in
Krieg und Umweltkatastrophen ist dagegen keine Kunst. Aber
Kunst ist es, den Untergang der Erde zu beschreiben, wie er vom
Mars aus erlebt wird, wenn man dort auf der abendlichen Veranda
sitzt (Ray Bradbury: The Martian Chronicles).
39 Wie Androide wirklich menschlich werden könnten, zeigt die Serie Westworld: durch Erinnerung
an ihr Leiden.