Saga


Saga - 1964, Page 128

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120 BJÖRN SIGFÚSSON teuren Auslandsreisen nicht geniigend durch den Verkauf ihrer Dichte finanzieren konnten, wurde der norwegische König in vielen Fállen ihr erster Mázen und zugleich ein wichtiger Káufer ihrer islándischen Waren. Die Dichter schmeichelten dem König in ihren Werken, um seine Gunst und Lohn zu gewinnen. Gleichzeitig trieben sie Import- und Exporthandel. Nicht immer war Norwegen das ferne Ziel ihrer Reisen sondern oft Gotland oder England; der Vertrag von 1022 bestimmte, dass der König, wenn der Weg iiber Norwegen ging, die Reisenden nicht aufhalten diirfe. Es ist nicht verwunderlich. dass die Könige manchmal glaubten, die friedliche Unterwerfung der Insel sei nur ein Frage der Zeit. Dies politische Ziel war den is- iándischen Háuptlingen sicherlich lange vor 1022 bekannt. Adam von Bremen, der Verfasser unserer áltesten geschriebenen Quelle, erzáhlt, dass Ólafur Digri sein letztes Heer (1030) bei den Sehweden und Islándern (und nicht bei den Norwegern) geworben habe. Ohne weitgehende Schliisse zu ziehen, muss man dabei an die Bestimmungen iiber die Wehrpflicht des Vertrages von 1022 denken. Nach den Scholien zu Adams Gesta und auch nach einigen lateini- schen Quellen des 12. Jahrhunderts soll Island zum norwegischen Königreich gehört haben. Dies ist um 1200 auch vom islándischen Mönch Gunnlaugr Leifsson behauptet worden. Doch entsprechen dieese Uberlieferungen nicht den tatsáchlichen Verháltnissen: die Eide von 1022, 1056 und 1083 waren keine Vasalleneide. Der König Hákon Hákonarson forderte viel mehr, um sich als Islands seigneur durchsetzen zu können. Er beharrte (im 13. Jahrhundert!) darauf, dass die Háuptlinge ihre „goðorð" ausdriicklich dem König geben und sie wieder als Lehn von ihm empfangen sollten. Der Strom der feudalistischen Entwicklung war erst im 13. (und nicht schon im 11.) Jahrhundert so máchtig, dass es unmöglich wurde, Island als Freistaat bis zum 14. oder 15. Jahrhundert zu erhalten. Mit dem Gizurvertrag wollte man noch in der Niederlage möglichst viel der Macht des Althings bewahren und vertraglich sein mittelalterliches Wider- standsrecht sichern und ausbauen, — das die Islánder dann spáter, z. B. 1319, mit Erfolg gegen königliche Ubergriffe anwenden konnten. Ein interessantes Teilproblem der Untersuchung ist Snorri Sturlu- sons Verhalten zu Ólafr Digris Islandspolitik und zum Vertrag von 1022, den er nie erwáhnt, obwohl er ihn gut gekannt haben muss. In seiner St. Ólafs Saga, geschrieben um 1230, dramatisierte Snorri die Erzáhlungen der alten Quellen iiber Þórarinn Nefjólfsson, der um 1026 als königlicher Botschafter auf dem Althing die Unter- werfung erreichen oder mindestens dem König einige Rechte (Grims- ey) aushandeln sollte. Das fiihrte zu nichts, meint Snorri; und seine eigenen Erfahrungen am Furstenhof in Norwegen seit 1218 haben ihn gewiss vorsichtig gemacht. Er wollte nichts von Islands Eidesleis- tungen an „Norwegens ewigen König", den Heiligen Ólafr, wissen. Die Mahnung, niemals einem König, nicht einmal dem „Guten" und „Heiligen", zu huldigen, lásst Snorri in dieser Debatte Einarr Þveræingr aussprechen.
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