Gripla - 20.12.2007, Blaðsíða 157
ANDMÆLARÆÐUR
II
Nach einem Vorwort, das über Anlass und persönliche Entstehungsumstände
berichtet, setzt die Untersuchung in Kapitel 1 mit der kurzgefassten Einleitung
(„Inngangur“, S. 1-10) ein. Hier bringt die Verf. ihre Argumentation bereits
präzis auf den Punkt, indem sie einerseits einen Überblick über die Geschichte
des literarischen Barockbegriffs gibt und andererseits auf die große Bedeutung
der Rhetorik für die europäische – und damit auch die isländische – Literatur
des 17. Jahrhunderts verweist, die es beispielsweise verunmöglicht, heute ba-
rocke Texte noch mit der biographischen Methode zu lesen. Da diese autor-
zentrierte Leseweise jedoch gerade in der isländischen Literaturwissenschaft
eine starke Tradition gehabt hat und die Hallgrímur-Forschung lange domi-
nierte, ist dies von einiger Bedeutung für Margrét Eggertsdóttirs Untersuchung,
und die Eingangsfrage, die sozusagen als methodologische Leitlinie für die
gesamte Studie gestellt wird, lautet folglich, ob der Paradigmenwechsel von
einem biographistischen zu einem rhetorischen Zugang etwas am aktuellen
Bild von Hallgrímur Pétursson ändere: „Breytir niðurstaðan einhverju um
mynd okkar af Hallgrími Péturssyni?“ (S. 10; vgl. auch S. 411).
In Kapitel 2 („Barokk í bókmenntum“, S. 11-42) wird die Thematik des
Einleitungskapitels ausgebaut. Hier gibt die Verf. einen ausführlichen, raison-
nierenden Forschungsbericht zur Verwendung des Terminus ‚Barock’ in der
Literaturwissenschaft, wobei dieser sinnvollerweise der germanistischen For-
schung (Fritz Strich, Ernst Robert Curtius, Albrecht Schöne, Gerhart Hoff-
meister, Wilfried Barner, Hans-Henrik Krummacher usw.) das meiste Gewicht
einräumt, jedoch auch auf einige englischsprachige Beiträge wie jene von
René Wellek eingeht. Bereits an dieser Stelle kann darauf aufmerksam ge-
macht werden, dass die Verf. die deutsche und die skandinavische Barock-
literatur und die jeweiligen Forschungsrichtungen hervorragend kennt und sie
in den folgenden Kapiteln nach Bedarf anführt. Die englische (literarische und
wissenschaftliche) Tradition wird demgegenüber weit weniger berücksichtigt,
was von der Sache her teilweise sicher berechtigt ist. Fast gar nicht geht die
Verf. auf die romanische, also die französische, italienische, spanische,
portugiesische literarische Kultur und deren Erforschung ein. Natürlich be-
stehen zwischen der norddeutsch-skandinavischen, lutherisch-orthodoxen
Gesamtkultur des 16./17. Jahrhunderts und dem Südeuropa der katholischen
Gegenreformation fundamentale Unterschiede; doch gerade diese hervor-
zuheben, wäre eine interessante Aufgabe, die in der vorliegenden Arbeit
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