Gripla - 20.12.2007, Blaðsíða 168
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6 Der Hinweis S. 358 auf die (allerdings nicht sehr häufigen) Stellen, in denen in den
Passíusálmar Weinen dargestellt wird, hätte mit dem von der Verf. nicht berücksichtigten
Aufsatz von Thomas Seiler über die große Rolle des Weinens bei Dorothe Engelbretsdatter
ausgebaut werden können (vgl. Seiler 2002).
7 S. 374 wird es sich um ein Versehen handeln, wenn in Zusammenhang mit der Typologie von
„typografískar samlíkingar“ die Rede ist.
teilen (vgl. S. 355).6 Das große Kapitel über Hallgríms Passionspsalme
schließt mit einigen Fragen nach den konkreten Vermittlungswegen: Wie kam
der Dichter mit der ausländischen Passionsdichtung in Kontakt? Spielte
Bischof Brynjólfur dabei eine Rolle? Gibt es einen Bezug zwischen den neuen
Strömungen und der katholischen Tradition? Dies sind interessante und an-
regende Überlegungen, sie werden von der Verf. allerdings im Status offener,
sozusagen rhetorischer Fragen belassen.
In Kapitel 16 („Íhugunarrit“, S. 363–380) geht es um Hallgríms Pro-
sabetrachtungen Diarium christianum und Sjö guðrækilegar umþenkingar.
Auch hier erlaubt die rhetorikgeschichtliche Verortung der Betrachtungen ein
ganz anderes Verständnis als jenes, das beispielsweise noch von Arne Møller
vorgebracht wurde, der von „noget vidtdrevet Allegoriseren“ und „barnli[g]
Fantasi“ sprach (S. 364).7 Diese Schriften und auch die bis ins 18. Jahrhun-
dert sehr beliebten Vikudagabænir sind heute kaum mehr bekannt, heben
jedoch mittels des schöpfungs- und heilsgeschichtlichen Zusammenhangs
andere Seiten an Hallgrímur Pétursson hervor, die sonst vom überragenden
Psalmendichter verdeckt werden.
Kapitel 17 („Burtfararminning Árna Oddssonar“, S. 381–387) analysiert
die einzige erhaltene Rede von Hallgrímur Pétursson, die ebenfalls die Regeln
der klassischen Rhetorik befolgt und wiederum die enge Übereinstimmung
des Dichters mit dem Denken des 17. Jahrhunderts, nicht zuletzt in seinen
Konzepten von Wortkunst, Sprachschmuck, Text und Deutung, illustriert (vgl.
S. 387). — Kapitel 18 („Lofkvæði um Hallgrím Pétursson“, S. 389–404) bringt
einige ausgewählte Beispiele, die die Rezeption der Schriften und der Person
Hallgrímur Péturssons seit dem 18. Jahrhundert dokumentieren. Wichtige Be-
lege sind das erstmals 1765 erschienene Hallgrímskver und zahlreiche Ge-
dichte über Hallgrímur. 1874 inszeniert dann Matthías Jochumssons Gedicht
Hallgrímur als gekreuzigten Jesus, und auch Halldór Laxness’ Artikel von
1942 liest in exzessiv biographistischer Weise alles Unheil der Welt in Hall-
gríms Schicksal hinein. Für die Autoren des 18. Jahrhunderts war er dem-
gegenüber noch ganz einfach ein guter, dank seiner Gelehrtheit und seinen
Fähigkeiten allseits respektierter Dichter gewesen. Die wenigen Punkte, die
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