Gripla - 20.12.2007, Blaðsíða 161
ANDMÆLARÆÐUR
war; Guðbrandur hatte diese alte Druckerei zwar übernommen, ihre Typen jedoch 1577 durch
neue ergänzt; es war somit eine teilweise neue Druckerei, die in der Folgezeit verwendet
wurde (vgl. Klemens Jónsson [1930, bes 16–17], Steingrímur Jónsson [1997, 35–37]).
Kapitel 5 („Orðsins list á lærdómsöld“, S. 69–105) bietet einerseits eine
sehr präzise und gut orientierte Zusammenfassung der Rhetorik im 17. Jahr-
hundert (S. 69–77), andererseits eine Darstellung der Bedeutung klassischer
Bildung für die isländischen Autoren des Humanismus und des Barocks. Was
die Rhetorik betrifft, so kann man mit Dyck fragen, worin das spezifisch
Barocke der Rhetorik im 17. Jahrhundert bestehe, da „die sprachkünstleri-
schen Eigenheiten, die man so gerne als ‚barock’ bezeichnet, […] doch, im
rechten historischen Zusammenhang gesehen, sowohl der Antike als auch dem
Mittelalter zukommen, da sie der Formenlehre der Rhetorik entstammen“
(Dyck 1991, 150, Zitat S. 77). In dieser langen vormodernen Tradition der
Rhetorik liegt in der Tat eine gewisse Problematik auch der vorliegenden Ar-
beit, denn es ist kaum möglich, einzelne rhetorische Spezifika auf barocke
Texte zu begrenzen. Die Verf. ist sich des Problems bewusst, thematisiert es
aber nicht immer ausreichend deutlich. — Die folgenden Abschnitte befassen
sich mit der Lateinbildung auf Island und mit der zeitgenössischen Poetik-
und Rhetoriktheorie, wie sie sich in den Schriften der isländischen Reforma-
toren und Humanisten niederschlug. Interessant ist hier besonders die Fest-
stellung, dass im isländischen 17. Jahrhundert ganz und gar nicht um eine
radikale Neuausrichtung im Sinn der deutschen oder dänischen metrischen
Reformen gerungen werden musste, wurde doch das Isländische seit je als den
alten Sprachen ebenbürtig empfunden und brauchte gar nicht reformiert zu
werden (vgl. S. 87-88). Eine wichtige Rolle in den diesbezüglichen Argu-
mentationen spielte natürlich die Tradition der eddischen und skaldischen
Poetik, in der sich eine ausdifferenzierte Beschäftigung mit metrischen,
poetologischen, aber auch, wie sich in der Auseinandersetzung mit der
gelehrten lateinischen Diskussion zeigte, rhetorischen Fragen etabliert hatte,
an die nun problemlos angeknüpft werden konnte. Das meist handschriftliche
Material (poetikwissenschaftliche Aufsätze zur älteren und neueren Dich-
tung), auf das die Verf. hier aufmerksam macht, ist höchst bemerkenswert. Ein
eigener Abschnitt ist den außerordentlichen, poetologischen Arbeiten von Jón
Ólafsson úr Grunnavík (1705–79) gewidmet (S. 94–99 bzw. 101), der
rückblickend aus dem 18. Jahrhundert Jón Vídalín und Hallgrímur Pétursson
die wichtigsten Rhetoriker unter den isländischen Barockdichtern nennt. Im
Anschluss an dieses Urteil muss festgestellt werden, dass die Verf., obwohl sie
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