Gripla - 20.12.2007, Blaðsíða 167
ANDMÆLARÆÐUR
Behandlung der Passíusálmar nach bewährtem Muster und umreißt zuerst die
Gattungstradition der Passionsdichtung, so wie sie sich in Deutschland und
den anderen skandinavischen Ländern manifestiert (vgl. z.B. die Untersu-
chungen von Stina Hansson und Valborg Lindgärde). Insbesondere werden
wieder (und wieder mit großem Erfolg) die wechselseitigen Verbindungen von
Literatur und Rhetorik, d.h. die Rhetorizität der barocken Literatur (vgl. S.
321-323), die Entsprechungen Hallgríms in der deutschen Dichtung (auf-
schlussreich vor allem die Parallelen mit Gryphius, vgl. S. 324–325) und die
ältere isländische Passionsliteratur, u.a. Jón Magnússons Píslarsaltari (gedr.
1655), Guðmundur Erlendssons Historía pínunnar (gedr. 1666), Stefán Ólafs-
sons Píslarsálmar (ungedr.) hervorgehoben (vgl. S. 334–341). Dies alles zeigt,
dass Hallgríms eigene Passionspsalmen in keiner Weise ein isoliertes Phäno-
men sind, sondern ein — wenn auch in vieler Hinsicht herausragender und
besonders leuchtender — Strang in einem dichten Gewebe verwandter, aber
auch unähnlicher Texte. Der bemerkenswerte Befund lautet, dass Hallgríms
Passíusálmar sich deutlich von der isländischen Passionsliteratur unter-
scheiden, dafür viele Übereinstimmungen mit der Rhetorik der kontinentalen
und skandinavischen Betrachtungen aufweisen (vgl. auch S. 421). – „Bygging
Passíusálma Hallgríms Péturssonar er vandlega hugsuð, bæði bygging þeirra í
heild og bygging hvers sálms fyrir sig.“ (S. 342) Mit diesen Worten leitet die
Verf. ihre Analysen der rhetorischen Komposition (dispositio) der Passions-
psalmen ein, die ohne Übertreibung zu den Glanzstücken dieser Studie gezählt
werden dürfen. Was sie hier an neuen Detailerkenntnissen und zusammenfas-
senden Resultaten zu vielgelesenen Psalmen erarbeitet, ist bemerkenswert und
demonstriert auf überzeugende Weise die Angemessenheit ihres poetologisch-
rhetorischen Vorgehens, wie es in den vorausgehenden Kapiteln entwickelt
worden ist. Ausgehend von der Feststellung, dass die Methode der Lektüre
nach dem vierfachen Schriftsinn in die Passionspsalme eingebaut ist (vgl. S.
344–345; vgl. Einar Sigurbjörnsson 1994), untersucht die Verf. in einzelnen
Texten Aspekte der inventio und der elocutio. Besonders die klassischen Stil-
mittel Hallgríms (mit deren Plazierung und Bewertung frühere Forscher oft
ihre Mühe hatten, vgl. dazu S. 350) werden in einem eigenen kurzen Abschnitt
erläutert. Die Auflistung dieser Stilmittel — von der accumuluatio über das
hyperbole zur synecdoche (vgl. S. 351–355) — macht den rhetorischen
Grundcharakter dieser Texte wunderbar klar. Der Abschnitt „Passíusálmar sem
íhugun í bundnu máli“ (S. 355–359) handelt von der meditatio und verweist
auf die fundamental dialogische Form der Psalme, die sie mit der Predigt
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