Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1938, Blaðsíða 14
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LE NORD
miissen, dass nahezu allgemein der Wunsch besteht, diesen Einfluss
zur Geltung zu bringen. Es kann jedenfalls kein Zweifel dariiber
herrschen, dass der Gedanke, dass Recht vor Macht geht, oder
besser gesagt, dass die Macht nur dem Recht dienen sollte, fiir die
kleinen Nationen einen wesentlichen Grundsatz ihrer eigenen Exi-
stenz bildet. Indem sie sich zu Bannertrágern dieser Idee machen,
setzen sie alle ihre Kráfte ein, so gering diese auch sein mögen,
um das Leben aller Nationen zu verteidigen, in der Hoffnung,
dadurch gliicklichere Daseinsbedingungen zu schaffen, als wir
sie heute besitzen.
Die Völker des Nordens wollen sich einreihen in diese Frie-
densarmee der Zukunft. In Wirklichkeit haben sie bereits unterein-
ander eine kleine Welt der Zusammenarbeit und des guten Ein-
vernehmens geschaffen, ja, man könnte sogar sagen, dass sie das
mikrokosmische Beispiel eines wahren Internationalismus darstel-
len. Ein Auslánder mag leicht den Eindruck gewinnen, dass die
nordischen Völker die Merkmale eines gemeinsamen, einheitlichen
Nationalcharakters aufweisen. Aber wenn man sie aus der Náhe
beobachtet, erkennt man sehr bald, dass sie, wenn sie zusammen
auch nur eine Bevölkerung von 17 Millionen záhlen, dennoch ein
Konglomerat von fiinf Nationen bilden, mit reinlichen Unter-
schieden und einem starken Bewusstsein ihres jeweiligen Indi-
vidualcharakters. Geographie und Geschichte haben im Laufe der
Jahrhunderte unter diesen Völkern die deutliche Verschiedenheit
entwickelt und ausgestaltet, die man heute wahrnehmen kann.
Unter diesen Umstánden könnte man zu der Annahme veranlasst
werden, dass der Gedanke, der Welt die nordische Seele zu zeigen,
eher darauf hinauslaufen wiirde, ihr fiinf verschiedene Seelen
vorzufiihren.
Dies wiirde nun aber gerade ein Grund mehr sein, um sie ge-
meinsam in die Erscheinung treten zu lassen. Diese fiinf Lánder
— Dánemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden — ha-
ben der Welt das Beispiel von Nachbarnationen gegeben, die mehr
als ein Jahrhundert hindurch in Frieden und Freundschaft mit
einander gelebt haben. Kein Zweifel, es hat auch zwischen ihnen
Zwistigkeiten und Streitfálle gegeben, aber seit dem weit zuriick-
liegenden Jahre 1814 haben sie niemals mehr zu den Waffen ge-
griffen, um ihre Konflikte aus der Welt zu schaffen. Und hierin
liegt einer ihrer gemeinsamen Charakterziige. Obwohl sie sich
ihrer Rechte voll bewusst und fest entschlossen sind, diese zur
Geltung zu bringen, sind sie von einer tiefen Achtung vor dem