Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1938, Page 227
DAS BAUERNTUM FINNLANDS
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liefert, sind die Bauern unseres Landes auch an der Entwicklung
dieses Industriezweiges interessiert. Denn je höher entwickelt und
je produktiver die Industrie iiberhaupt ist, desto kaufkráftiger
ist die von ihr lebende Bevölkerung und die Aufnahmefáhigkeit
des fiir die finnische Landwirtschaft so wichtigen einheimischen
Marktes. Der Veredlungswert unserer ganzen Industrie beziffert
sich auf etwa 7,4 Milliarden FM (1936), d. h. er ist gleich dem
Ertrag der Landwirtschaft.
Man kann sagen, dass Finnland auch »Kolonien« besitzt, und
zum Gliick liegen diese innerhalb der Grenzen des Landes. Wie
Berechnungen und Untersuchungen zeigen, hat Finnland unge-
fáhr 5 Mill. ha anbaufáhigen Bodens, Moore und festes Land.
Auf dieser Fláche können im Lauf von Jahrzehnten je nach Be-
darf — abgesehen davon, dass die friiheren Giiter davon Boden
fiir Neuland erhalten — etwa 200.000 Kolonistenfamilien unter-
gebracht werden. In Finnland ist ja ein Jahrzehnt erforderlich,
ehe sich die Volkszahl um 250.000—300.000 Personen vermehrt,
denn die Geburtenziffer ist verháltnismássig niedrig. Dieser Be-
völkerungsiiberschuss ist in den letzten Jahren grösstenteils von
der erstarkenden Industrie aufgenommen worden, und dies kann
auch in Zukunft geschehen. Aber die Kolonisationstátigkeit ist
auch schon deshalb notwendig, weil sich unter unserer landwirt-
schaftlichen Bevölkerung noch eine Menge landloser Elemente
befinden, die noch nicht in einem geregelten und gesicherten Ar-
beitsverháltnis stehen. Uns schafft es Befriedigung, dass wir iiber
so viel anbaufáhige Bodenfláche verfíigen, so dass wir die besten
Kráfte der landlosen Bevölkerung in die Reihen der selbstándi-
gen, auf eigener Scholle lebenden Bauern einstellen können.
Uber die Hálfte der ungefáhr 25 Mill. ha Wálder befindet
sich in privatem Besitz, und zwar hauptsáchlich als Waldungen,
die zu den Landgiitern der báuerlichen Bevölkerung gehören.
Durch Entwásserung sumpfiger Waldböden und durch Auffor-
stung fester Bodenstrecken kann vielleicht im Lauf mehrerer
Jahrzehnte ein doppelt so grosser Ertrag aus unseren Wáldern er-
zielt werden, als heute. Eine solche waldwirtschaftliche Tátig-
keit ist fiir unser Bauerntum in doppelter Hinsicht von Nutzen.
Die Arbeitsgelegenheit vermehrt sich fiir sie mit dem Fortschrei-
ten der Waldmeliorationen, und im Lauf der Jahre erhöht sich
durch derartige Arbeit die Einnahme unserer Bauern aus Wald-
verkáufen. So wird die finnische Landwirtschaft auch in Zu-
kunft eine Stiitze an der Waldwirtschaft finden.