Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1938, Blaðsíða 238
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LE NORD
Misstrauen gegen das Biicherstudium. Da begann Grundtvig in
den Jahren 1838—39 in Kopenhagen historische Vortráge zu
halten, und damit hatte er den richtigen Weg gefunden. Nicht
das Buch, sondern das Wort, »das lebende Wort«, war die Waffe,
mit deren Hilfe der Sieg errungen werden sollte fiir das Dánische
und das Norwegische, das in jenen Tagen mit dem christlichen
Evangelium eng verbunden war.
Im Jahre 1844 begann dann die erste dánische Volkshoch-
schule in dem Teile Dánemarks zu wirken, der von dem vordrin-
genden Deutschtum am stárksten bedroht war, in der nördlichsten
Gegend des Herzogtums Schleswig.
Seitdem wurde eine Schule nach der anderen gebaut, grosse
und kleine iiber ganz Dánemark, insbesondere nach 1864, als
das Herzogtum Schleswig von Preussen und Österreich erobert
wurde, ein Verlust, der dem dánischen Volke tief zu Herzen ging
und es zu neuer Kraft und neuem Handeln erweckte. Um starke
Persönlichkeiten, deren Namen in Dánemark niemals vergessen
werden, sammelten sich grosse Scharen von jungen Mánnern im
Winter und von jungen Mádchen im Sommer. Eine der ersten
Schulen wurde von dem eigenartigen Pádagogen Kristen Kold
gegriindet, und von ihm stammt eine Strömung, die der Grundt-
vig’schen Verkiindung ein stark persönliches, erbauliches Gepráge
gegeben hat, eine ergreifende Sprache der Innerlichkeit vom
menschlichen Leben in Freude und Kummer, von seiner tiefen
Verpflichtung den höheren Máchten und dem Volke gegeniiber,
dem wir angehören; diese Sprache hat der Volkshochschule die
Möglichkeit gegeben, mit den einfachsten Menschen der dánischen
Jugend in Kontakt zu kommen. Die Grundtvig-Kold’sche Schule
ist bis auf den heutigen Tag getragen von einem fröhlichen, dank-
baren Christenglauben, der die Augen offen hat fiir das Grosse
in jedem Leben (im Familienleben, im táglichen Leben, im Ar-
beitsleben), in der Kunst, der Dichtung und der Geschichte. Die
Liebe zum Vaterlande und zum Evangelium verschmelzen hier
zu einer höheren Einheit, und die menschliche Gemeinschaft wird
als das tragende Motiv im menschlichen Leben hervorgehoben.
Der starke altnordische und skandinavische Ton aus den ersten
Jahrzehnten trat nach und nach in den Hintergrund. Das Dáni-
sche, das Internationale, nicht zum mindesten das Englische nahm
einen grösseren Platz ein, bis im letzten Jahrzehnt das Nordische
sich wieder stark in den Vordergrund gedrángt hat. — Eine ein-
zelne Volkshochschule, Grundtvig’s Volkshochschule bei Frede-