Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1938, Blaðsíða 367
CHRONIQUE TRIMESTRIELLE
357
ber wurde die or-
dentliche jahrli-
che Tagung des
danischen Reichs-
tages eröffnet.
DÁNEMARK Der Staatsmini-
ster verlas in der gemeinsamcn
Sitzung der beiden Kammern die
sogenannte Tronrede, in der das Ar-
beitsprogramm der Regierung fiir
die kommenden Monate dargelegt
wird. Die nachsten Folketingswah-
len sollen nach Ablauf der vier-
jahrigen Wahlperiode im Jahre
1939 stattfinden und werden vor-
aussichtlich im Friihjahr (Marz-
April) abgehalten werden. In dem
jetzigen Folketing, das im Oktober
1935 gewahlt wurde, verfiigt die
sozialdemokratisch-radikale Regie-
rungskoalition iiber 82 von 149
Stimmen; die Oppositionsparteien
der gemassigten Linken (Venstre)
und der Konservativen zahlen bzw.
29 und 26, zusammen also 55 Mit-
glieder, wahrend die verbleibenden
12 sich auf drei kleinere Parteien
und den Vertreter der deutschen
Minderheit Nordschleswigs vertei-
len. In der Ersten Kammer (Lands-
ting), deren Wahlperiode sich auf
acht Jahre erstreckt, erhielt die Re-
gierung bei den letzten Teilwahlen
im Oktober 1936 gleichfalls die
Mehrheit. Diese ist zwar sehr
knapp (39 gegen 37), geniigt aber
immerhin, um alle wichtigen Ge-
setzentwiirfe und Beschliisse in der
von den Regierungsparteien ge-
nehmigten Form gegen die Stimmen
der Opposition durchzufiihren. Je
naher die bevorstehenden Wahlen
zum Folketing heranriicken, desto
mehr wird das öffentliche politische
Interesse naturgemass von diesen in
Anspruch genommen. Wenn auch
die unruhige internationale Lage,
die wáhrend der dramatischen Zu-
spitzung der Verháltnisse Ende
September Europa an den Rand des
Krieges fuhrte, natiirlicher Weise
dazu beitrágt, die politischen Lei-
denschaften in gewissen Beziehun-
gen zu dámpfen, wenn auch in wei-
ten Kreisen der Bevölkerung, dar-
unter auch solchen, die politisch zu
entgegengesetzen Lagern gehören,
die Erkenntnis vorherrschend ist,
dass die Riicksicht auf das Gemein-
wohl erfordert, eine zu starke Ver-
schárfung der politischen Gegen-
sátze zu vermeiden, wird man ei-
nem zunehmenden Kampf der Lei-
denschaften nicht entgehen können.
Dies liegt in der Natur der Dinge,
selbst in einem Lande, in dem die so-
zialen Unterschiede verháltnismás-
sig so gering sind wie in Dánemark,
geringer zweifellos als in irgend ei-
nem anderen Lande Europas. Dies
soziale Gleichgewicht — das Ergeb-
nis einer hundertjáhrigen Entwicke-
lung, in der verschiedene Faktoren,
in erster Linie der Einfluss und die
viberragende Gestalt des Volkserzie-
hers und Dichters N. F. S. Grundt-
vig, eine entscheidende Rolle ge-
spielt haben —, verleiht dem öf-
fentlichen Leben Dánemarks einen
besonderen Charakter und driickt
selbst den schárfsten politischen
24*