Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1938, Page 90
DIE NORDISCHE ZUSAMMENARBEIT AUF
DEM GEBIETE DER GESETZGEBUNG
Von Birger Ekeberg.
UNTER den fiir die nordischen Lánder gemeinsamen Fra-
gen befindet sich auch die der nordischen Zusammen-
arbeit auf dem Gebiete der Gesetzgebung. Diese Zusam-
menarbeit besteht seit geraumer Zeit. Sie ist bereits zur Tradition
geworden; sie gehört sozusagen zum táglichen Leben im Norden.
'Wenigstens nimmt sich die Sache so fiir manchen von uns Ju-
risten aus.
Was den Gedanken an diese Zusammenarbeit geweckt hat,
ist in kurzen Worten folgendes: Wenn die Gesetzgebung in zwei
Nachbarstaaten grosse prinzipielle Verschiedenheiten zeigt, so be-
deutet die Grenze zwischen den Lándern eine viel höhere Scheide-
wand, als wenn die Rechtsordnung áhnlich ist. Der Angehörige
des einen Staats bewegt sich mit einem ganz anderen Sicherheits-
gefiihl auf der anderen Seite der Grenze, wenn er weiss, dass er
dort nahezu unter seinem eigenen Gesetze lebt. Aber nicht nur
fíir den, der sich im Nachbarlande niederlásst, ist die Rechts-
gleichheit von hohem Wert. Sie ist es auch fiir jeden Staatsbiirger
des einen Landes, der mit einem Angehörigen des anderen Rechts-
gescháfte abschliessen will. Man nehme z. B. den gewöhnlichsten
Fall: einen Kaufabschluss zwischen Personen in verschiedenen
Lándern. Im Streitfalle entsteht hier zuerst die Frage, ob das Ge-
setz des einen oder des anderen Landes Anwendung finden soll.
Wenn es sich hierbei zeigt, dass diese Frage eigentlich anders zu
beantworten ist, als eine der beiden Parteien gedacht hat, so kann
es fiir diese eine höchst unangenehme Oberraschung bedeuten,
wenn die Gesetze mehr oder minder betráchtliche Abweichungen
aufweisen. Dass das Gericht, das den Fall behandeln soll, ge-
zwungen ist, ein fremdes Gesetz anzuwenden, mit dem es nicht
ebenso vertraut ist wie mit dem einheimischen, ist schon an sich
ein gewisser Nachteil. Noch schwerer ist es fiir eine Privatperson,
die im allgemeinen auf dem Felde der Jurisprudenz weniger be-
wandert ist, ihre Interessen in Fállen zu wahren, in denen aus-
lándisches Recht gilt. Das Streben nach Rechtseinheit ist daher
eine ganz natiirliche Folge der Entwickelung der internationalen
Verbindungen.
Nirgends jedoch ist diesen Bestrebungen so grosses Interesse