Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1938, Page 97
DIE NORDISCHE ZUSAMMENARBEIT
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Gesetz erhoben wird. Durch das Zustandekommen eines solchen
Gesetzes ist sowohl praktischen Juristen wie Rechtswissenschaft-
lern ein gemeinsames Arbeitsfeld eröffnet und ein neues Binde-
glied zwischen ihnen geschaffen worden. Richter und Anwalte im
ganzen Norden haben fiir die gute Anwendung des neuen Geset-
zes zu sorgen, und sie können dabei aus den gegenseitigen Erfah-
rungen Nutzen ziehen. Die reichen und mannigfaltigen Erfahrun-
gen, die die Mánner der Praxis sich auf diese Weise erwerben, wir-
ken naturlich auch anregend auf die Rechtswissenschaft in allen
Lándern, und die vielseitigere Beleuchtung, die dergestalt den
Rechtsproblemen seitens der Theorie zuteil wird, kommt
wiederum der Praxis zugute. Hier entsteht also zwischen Theorie
und Praxis und zwischen den Juristen in den verschiedenen Lán-
dern eine belebende Wechselwirkung zum Nutzen aller Betei-
ligten.
Die nordische Rechtsgemeinschaft und die auf ihr Zustande-
kommen, ihre Aufrechterhaltung und ihre Ausdehnung ver-
wendete Arbeit bilden ein starkes ideelles Band zwischen
den Völkern des Nordens. Unsere gesetzmássige Freiheit ruht
auf stárkerem Grunde, wenn sie den ganzen Norden als
ihre Feste hat. Was eine Rechtsordnung, die vom vollen
Vertrauen des Volkes getragen wird, als Schutz fur poli-
tische und kulturelle Unabhángigkeit bedeuten kann, daruber
fehlt es uns Nordlándern nicht an Erfahrung. Wáhrend der
schweren Zeit Finnlands stand die von den Vátern ererbte Ge-
setzgebung nicht nur als einer der höchsten ideellen Werte da,
die es zu verteidigen galt. Das Gesetz wurde auch zur Waffe,
zu einer máchtigen Stútze im Freiheitskampfe, einem Bollwerk, in
das der Feind nicht eindringen konnte. Gegenwártig steht es kla-
rer als jemals vor Augen, dass wir Nordlánder gemeinsame recht-
liche Ideale zu verteidigen haben. Indem wir diese Ideale gemein-
sam pflegen und entwickeln, indem wir die Gesetze zu einem
klareren Ausdruck fúr die Auffassung der Völker machen, stár-
ken wir nicht nur das Zusammengehörigkeitsgefúhl, sondern wir
schaffen auch einen Schutz fúr unsere gemeinsame Kultur, der
nicht zu verachten ist.
Zum Schluss möchte ich mit einigen Worten die Frage der
gemeinsamen nordischen Gesetzgebungsarbeit in einen grösseren
Zusammenhang stellen, sie als ein Glied in der internationalen
Gesetzgebungsarbeit sehen, deren Brennpunkte der Haag und
Genf waren. Dieses Thema könnte im Hinblick auf die Zeitver-