Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1938, Side 338
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LE NORD
sich zu einer Zeit vor der jetzt bekannten, alten gemeinsamen
Sprache von den indoeuropaischen Sprachen abgezweigt oder
Bestandteile von ihnen in sich aufgenommen hat. Hier liegt es
nahe zu untersuchen, inwieweit es sich zeigen sollte, dass die bis
jetzt wenig bekannten kaukasischen Sprachen mit der indoeuro-
páischen Sprachenfamilie verwandt sind. Auf jeden Fall liegen
hier in gewissen Beziehungen Obereinstimmungen mit mehreren
kleinasiatischen Sprachen von wahrscheinlich indoeuropáischem
Ursprung vor. Auf diesem Forschungsgebiet hat die norwegische
Sprachwissenschaft gute Traditionen (Sophus Bugge, J. A. Knudt-
zon, Alf Torp). Abgesehen von der Möglichkeit, von dem Stu-
dium des Kaukasischen aus ein Licht auf die Vorgeschichte der
indoeuropáischen Sprachenfamilie zu werfen, kann das Studium
der kaukasischen Sprachen — eine Beschreibung und möglicher-
weise eine vergleichende Grammatik — jedenfalls ein Material
liefern, das von grosser Bedeutung fiir die allgemeine Sprachwis-
senschaft ist. Dabei handelt es sich gleichzeitig um ein Material,
von dem man annehmen kann, dass es von höchstem Interesse
fiir die vergleichende Kulturforschung ist.
Wenn man die iranische Sprachgruppe in die Untersuchungen
miteinbezogen hat, so geschah dies nicht nur auf Grund der Tat-
sache, dass diese bis jetzt nur mangelhaft bekannte Sprachen-
gruppe eine wichtige Rolle innerhalb der indoeuropáischen Spra-
chenfamilie spielt, sondern auch, weil sie eine Reihe von Beríih-
rungspunkten mit dem Kaukasischen aufweist, ja eine wichtige
iranische Sprache, námlich die ossetische, wird mitten im Kau-
kasus gesprochen.
Von denen, die sich dieser Arbeitsaufgabe des Instituts ge-
widmet haben, miissen besonders Alf Sommerfelt und Georg
Morgenstierne, beide Professoren an der Universitát Oslo, ge-
nannt werden. Letzterer unternahm in den Jahren 1924 und 1929
zwei Forschungsreisen in die Grenzgebiete zwischen Indien und
Afghanistan. Professor Sommerfelt hat unter anderem dadurch
eine grosse Arbeit geleistet, dass er als Reprásentant des Instituts
mit russischen Kaukasusforschern und verschiedenen Behörden in
Russland verhandelte. Ausserdem hat er mehrere Abhandlungen
iiber kaukasische Sprachen veröffentlicht. — Eine umfassende
Darstellung der georgischen Sprache riihrt von Dr. Hans Vogt
her, der im Auftrag des Instituts eine Forschungsreise nach Geor-
gien vorgenommen hat.
Von Morgenstiernes Hand liegt unter den Publikationen des