Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1938, Page 373
CHRONIQUE TRIMESTRIELLE
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gebenen Stimmen werden darauf-
hin auf die betreffende Liste iiber-
fiihrt, und auf der Grundlage der so
zustandegekommenen Stimmenzahl
werden vom Ministerium des Inne-
ren die 34 Reichstagsmitglieder ge-
mass dem Proportionalsystem auf
die verschiedenen Parteien verteilt,
und zwar in der Reihenfolge, in der
sie auf den betreffenden Listen auf-
gefiihrt sind. Die auf diese Weise
designierten Abgeordneten bilden
die eine Halfte einer sogenannten
Ersten Kammer, die in Zukunft
nicht den alten Namen Landsting
tragen, sondern Rigsting heissen soll.
Die andere Halfte des Rigstings
wird von den aus den direkten
Wahlen hervorgegangenen 170 Ab-
geordneten aus ihrer eigenen Mitte
gewáhlt, ebenfalls nach dem Pro-
portionalsystem. Ein letztes — 69.
— Mitglied des Rigstings wird von
dem Lagting der Færoer gewáhlt.
Die verbleibenden 136 Mitglieder
bilden das Folketing. Man sieht
also, dass der kiinftige dánische
Reichstag auf einem einzelnen
Wahlakt und auf der gleichen
Wdhlerbasis beruht, d. h. die eigent-
lichen Merkmale des Einkammer-
systems aufweist und somit eine
tiefgehende Neuerung in der dáni-
schen Verfassungsgeschichte be-
zeichnet. Ganz neu ist auch die Ein-
fiihrung des Volksabstimmungs-
prinzips, das indes in der vorge-
schlagenen Form nur gegenuber be-
reits angenommenen Gesetzen zur
Anwendung kommen kann. 2/5 der
Mitglieder des Reichstages können,
spátestens 3 Werktage nach der An-
nahme des betreffendes Gesetzes, ei-
ne Volksabstimmung verlangen, die
dann friihestens 8 und spátestens 12
Werktage darauf veranstaltet wer-
den soll. Dasselbe Recht steht %
der Reichstagsmitglieder zu, vor-
ausgesetzt dass diese innerhalb ei-
ner sehr kurz bemessenen Frist (von
höchstens 12 Tagen) die Zustim-
mung von 15 % der in die Wahl-
listen eingetragenen stimmberech-
tigten Staatsbiirger finden. Eine di-
rekte Volksinitiative ist nicht vor-
geschlagen. Gesetze betreffend den
Haushaltsplan und Zusatzbewilli-
gungen zu diesem, Besoldungs- und
Steuergesetze, sowie Gesetze iiber
Staatsbiirgerrecht können nicht
zum Gegenstand einer Volksab-
stimmung gemacht werden. Das-
selbe gilt von internationalen Ver-
trágen, es sei denn dass durch be-
sonderes Gesetz in gegenteiligem
Sinne entschieden wiirde.
Urspriinglich zielten die Revi-
sionsbestrebungen der Regierung
nur auf die Abánderung der im
engeren Sinne des Wortes verfas-
sungspolitischen Bestimmungen,
vornehmlich die Abschaffung des
Landstings, ab. Im Laufe der Kom-
missionsberatung wurde jedoch
auch iiber eine Reihe anderer wich-
tiger Probleme verhandelt, und die
jetzt vorgeschlagene Reform láuft
auf eine Totalrevision der Verfas-
sung hinaus. Unter den strittigen
Fragen sind vornehmlich folgende
zu nennen: Unbedingte Sicherung
der Unabhángigkeit der Rechtspfle-