Greinar (Vísindafélag Íslendinga) - 01.01.1943, Blaðsíða 119
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1928). Auf wissenschaflichem gebiet ist man auf áhnliche
weise vorgegangen. In den philosophischen lehrbuchern
(vgl. z. b. Á. H. Bjarnason: Almenn sálarfræði, 1. útg.,
Reykjavík 1916) und in anderen schriften, auch in der
theologie, jurisprudenz und zuletzt in der medizin geht
dieser reinigungsprozess weiter vor sich, ja, anatomische
benennungen sind kiirzlich zu tausenden geprágt und her-
ausgegeben worden (Guðmundur Hannesson: Islenzk líf-
færaheiti — nomina anatomica Islandica, Reykjavík 1941,
fylgir Árbók Háskóla fslands 1936—1937). Wir kommen
nun zum hauptpunkt, der ererbung des isl. sprachschatzes
aus urnordischer, bez. urgermanischer oder indogerma-
nischer zeit. Trotz des reichtums der altisl. literatur ist
nur ein teil des von Norwegen von den besiedlern Islands
niitgebrachten wortschatzes im isl. altertum beWahrt wor-
den. Viele verfasser der fslendingaspgur, Konungaspgur,
Pornaldarsggur u.s.w. waren ausgeprágte stilisten, die
bestrebt waren, fiir jeden gedanken einen adáquaten aus-
druck und rhythmisch fliessenden satz zu prágen, wobei,
wie in allen kultursprachen, gewisse ausdrticke und wör-
ter der alltagssprache vermieden oder mit vorsicht be-
nutzt wurden. Die skalden mit ihrem feinen gefúhl ftir
klangschönheit und rhythmus gingen noch weiter und
bildeten ihre eigene sprache aus mit den vielen heiti (im
ganzen etwa 2000) und kenningar, an denen die altisl.
sprache so reich ist. Die altisl. sprache, wie wir sie ken-
nen, ist nur eine literatursprache, der eine unmenge von
wörtern und ausdrticken des táglichen lebens fehlt. Dies
erhellt am besten aus einem vergleich des altisl. wort-
schatzes mit dem des neuislándischen, wie ein vergleich
von Fritzners wörterbuch mit Blöndals wörterbuch am
deutlichsten zu tage treten lásst. Einen solchen vergleich
von einigen seiten aus Blöndals wörterbuch mit den
entsprechungen in Fritzners wörterbuch hat Finnur
Jónsson unternommen, mit dem ergebnis, dass weit
niehr als die hálfte des neuisl. wortschatzes in den
altisl. wörterbtichern nicht zu finden ist (Finnur
Jónsson: Nokkur orð um íslenzku vorra tíma; in