Saga - 1961, Blaðsíða 99
EFTIR ODD DIDRIKSEN
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Verfassungsfrage auf dem Althing nie dazu kam, dass das Ver-
háltnis zwischen den Staatsgewalten eine wesentliche Rolle in der
Debatte spielte, nicht einmal auf dem Althing von 1871, auf dem
sich die Debatte mehr denn je um die Verantwortlichkeitsfrage
drehte. Selbst bei Jón Sigurðsson war es nach 1863 mit dem Theore-
tisieren uber das Gewaltenverháltnis vorbei, und dies war ja auch
ein Thema, das in einem Lande, dem es an den elementaren Voraus-
setzungen einer parlamentarischen Regierung im eigentlichen Sinne
völlig fehlte, sowieso keine vordringliche Aktualitát besass.
Zwei Politiker bilden aber — wenn auch mit ungleichen Vor-
zeichen — eine Ausnahme. Der Pastor und Abgeordnete des Althings
Arnljótur Ólafsson hatte schon 1862 zum Ausdruck gebracht, dass
er eine starke Beamtenmacht aufrechterhalten wunschte, und er
hatte auch die Auffassung angedeutet, zu deren Fursprecher er sich
dann auf dem Althing von 1867 machte, dass námlich die kunftige
Regierung des Landes auf dem Gewaltenteilungsprinzip bauen musse.
Auf der anderen Seite zeigt der Bauernpolitiker Jón Sigurðsson frá
Gautlöndum in einer Aufsatzreihe aus dem Anfang des Jahres 1871
Und auf dem Althing desselben Jahres deutliche Verwandtschaft mit
seinem Namensvetter in der Auffassung des Verháltnisses zwischen
^en Staatsgewalten. Der Verf. schliesst direkten Einfluss nicht aus,
aber weist darauf hin, dass Jón Sigurðsson frá Gautlöndum das Pro-
ölem in einer Weise anpackt, die auf Selbstándigkeit deutet, und
er erreicht auch nicht die scharfen Formulierungen von 1850
Und 1863 seines Namensvetters. Bei Jón Sigurðsson frá Gautlöndum
legt denn auch im Jahre 1871 keine Forderung nach Parlamen-
tarismus im eigentlichen Sinne vor. Er fordert weder, dass das Al-
thing direkten Einfluss bei der Regierungsbildung haben soll, noch
ass es zu jeder Zeit ein Ministerium, das nicht mehr sein Vertrauen
keniesst, soll sturzen können. Er begnugt sich mit der Forderung,
ass der Einfluss des Althings so gross sein soll, dass ein Minister,
dem
Althi
es nicht gelingt, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem
iug zu etablieren, nicht iiber eine lángere Periode seinen Sitz in
er Regierung behalten durfe. Unter den bestehenden politischen Ver-
a i:nissen war es wohl auch nicht zu erwarten, dass schárfer for-
^ulierte Forderungen vorgetragen wurden. Das Land hatte noch
n‘cht die freie Verfassung, fur die gekámpft wurde, mit den not-
ndigen Institutionen eines parlamentarischen Regierungssystems
uiten. Und die elementaren Voraussetzungen einer parlamen-
ischen Regierung nach englischem Muster — klar ausgedriickte
^1 lsche Meinungsbildungen mit deutlichen parteipolitischen
^uzlinien — waren auch noch nicht vorhanden.
ie Verfassung von 5. Januar 1874, die aus königlicher Macht-
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