Studia Islandica - 01.06.1989, Blaðsíða 20
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veröffentlicht.19 Aus dem Variantenapparat Lehmanns hat
dann Skánland gefolgert, daB L nicht viel Wertvolles brin-
ge.20 Dies trifft jedoch, wie spáter noch gezeigt werden soll,
nicht zu. Es soll hier auBerdem erwáhnt werden, daB Leh-
mann sowohl falsch gelesen als auch leider viele Varianten
iibersehen hat, wovon einige zeigen, daB L die richtigere oder
ursprungliche Schreibweise hat.21
Ein weiteres Argument dafúr, daB L eine der frúhesten Ab-
schriften J. Kirchmanns sein könnte, ist eine mit einem Stern-
chen gekennzeichnete Lúcke in der Handschrift, wo ein Zitat
Vergils (?) stehen múBte.22 Wahrscheinlich war Kirchmann
sich nicht ganz klar úber den (stark abgekúrzten?) Text des
nun verlorenen Pergamentcodex und wollte ihn spáter nach-
tragen.
Eine Gesamtuntersuchung der vier genannten Handschrif-
ten (A,S,M,L) hinsichtlich Theodoricus’ Chronik, die bis
jetzt nicht erfolgt ist, muB auch hier ausbleiben, da sie den
Rahmen dieser Arbeit sprengen wúrde. Soviel scheint jedoch
gewiB, daB J. Kirchmann von dem verschollenen Codex meh-
rere Abschriften - mindestens drei - zu verschiedener Zeit
angefertigt hat. Von diesen Kopien ist nur L bekannt. Sie darf
bis jetzt als die álteste erhaltene Handschrift angesehen wer-
den. Eine neue Edition von Theodoricus’ Werk wáre dem-
nach sehr wúnschenswert.23
Im Zusammenhang mit der Úberlieferung der Norwegi-
schen Königsgeschichte soll schlieBlich noch erwáhnt werden,
daB keine der erhaltenen Handschriften (A,S,M,L) eine ge-
naue Abschrift des verlorenen Pergamentcodex zu sein
scheint; damit ergeben sich eine Menge Fragen: Wie viele
und wer alles waren an der Úberlieferung des Werkes betei-
ligt, seit Theodoricus es verfaBt hatte? Was stand in den
Handschriften, die nun verloren sind? Wieviel und was hat
man geándert? Man wird wohl schwerlich oder niemals eine
Antwort darauf finden. Als náchstes soll daher das Verfasser-
problem behandelt werden.