Studia Islandica - 01.06.1989, Blaðsíða 35
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his dicta sufficiant“ (MHN, S. 21), „Sed quia longum est sin-
gulis immorari, transeamus ad cætera“ (MHN, S. 50)1ÍK) und
„nos ista in medio relinquimus“ (MHN, S. 66) seien ebenfalls
„aphodoi“, die Theodoricus’ Digressionen kennzeichneten.
Dies ist aber áuBerst fragwurdig, da es sich statt um Exkurse
wohl eher um eine Beschránkung des Stoffes handelt, die in
Einklang mit der Forderung der „brevitas“ steht.101 AuBer-
dem scheint Clover hier dem Begriff „digressiones“ eine an-
dere Bedeutung beizumessen, als ihre Erörterung der Defi-
nition des Galfredus de Vino Salvo zu erkennen gibt.1112 Gal-
fredus unterscheidet zwei Arten der Abschweifung, d. h. „di-
gressiones ad aliud extra materiam“ und „digressiones ad
aliam partem materiae“. Zur ersteren gehören Exkurse, die
mit dem Hauptthema wenig zu tun haben, zur letzteren jene,
die zwar zum Thema gehören, aber nicht in der richtigen Rei-
henfolge erscheinen.103 Nach allem zu urteilen sind Theodori-
cus’ Abschweifungen das, was man „digressiones ad aliud ex-
tra materiam“ nennt. Deshalb ist folgende Behauptung Clo-
vers - auf Grund ihrer Begrundung - zum GroBteil zurúckzu-
weisen:
Evidently, Theodoricus was not bound by a strict definition of digression,
but like his Latin-writing contemporaries could use it simply to mark a time
dislocation within the matter. His history therefore documents not only an en-
thusiasm for the device in both the narrow [ad aliud extra materíam] and the
broad [ad aliam partem materiae] sense, but also a nonconsecutive approach
to narrative.104
Nach dieser Behandlung der Exkurse sollen weitere rheto-
rische Kunst- und Stilmittel Theodoricus’ gezeigt werden,
d.h. einige seiner Topoi.105 Als Topoi bezeichnet man be-
stimmte Denk- und Ausdrucksschemen, die sich stándig wie-
derholen und in allen literarischen Gattungen verbreitet sind
(loci communes). Sie haben ihren Ursprung in der Rhetorik
und antiken Literatur. Topoi sind, wie bei vielen anderen Au-
toren des Mittelalters, charakteristisch fúr Theodoricus’ Vor-
und Nachwort. Da solche „Gemeinplátze“ manchmal zu lee-
ren Phrasen erstarren können, muB in jedem Einzelfall nach-
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