Studia Islandica - 01.06.1989, Blaðsíða 95
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/.. ./caveam etiam quandam in cujusdam montis latere, latronibus plenissi-
mam totam regionem infestantibus, non minus ingenio quam viribus cepit pa-
triamque ab illorum latrocinio liberavit.252
Dies ist auffallend áhnlich. Wenn Theodoricus sagt, Sig-
urðr habe die Berghöhle eher mit List („non minus ingenio“)
als Gewalt („viribus") erobert, ist klar, daB er den Inhalt der
7. Strophe gekannt hat.253
All die angefiihrten Beispiele zeigen Ubereinstimmungen
zwischen Theodoricus’ Chronik und islándischen „drótt-
kvæði“. Vielleicht lieBe sich noch das eine oder andere Bei-
spiel finden; die Zusammenstellung hier mu6 aber genugen.
Die Frage ist, was fúr Schlússe man aus obigem ziehen kann.
Es ist schwierig - nicht zuletzt wegen der Problematik der
Handschriftenúberlieferung - genau festzustellen, in wel-
chem AusmaB Skaldengedichte benutzt wurden und inwie-
fern sie direkt oder indirekt254 als Quellen dienten. Die latei-
nische Sprache und die Arbeitsweise des mittelalterlichen
Autors, der seine Quellen nach Belieben handhabt,255 verhin-
dern oft, zu einem sicheren Resultat zu gelangen. AuBerdem
sind stoffliche Details bei Theodoricus, die hier zum Ver-
gleich herangezogen wurden, mehrfach aus dem Zusammen-
hang gerissen. Trotz allem lassen sich gewisse Beziehungen
zwischen Theodoricus’ Werk und islándischen Skaldenlie-
dern nicht leugnen.
Da die obengenannten Beispiele nicht alle von gleich gro-
6em Gewicht sind, gilt es nun, die Unterschiede klarzulegen.
Den Ortsnamen Stiklarstaðirz.B. (Zitat 176-179/180) konnte
Theodoricus natúrlich auch aus der örtlichen, múndlichen
Tradition úbernommen haben. Bei einem Teil der Angaben
ist die Áhnlichkeit zu allgemeiner Natur, als da6 sie eine
zwingende SchluBfolgerung zulieBe. Dies trifft z.B. fúr fol-
gende Ereignisse und Details zu: Hákon Aðalsteinsfóstris Be-
liebtheit und seine letzte Schlacht (Zitat 95, 96/97), Tod des
Haraldr gráfeldr (98/99), Óláfr Tryggvasons Jugend und
Heerfahrten (102,103/104), seine Ankunft in Norwegen und