Studia Islandica - 01.06.1989, Blaðsíða 81
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pflegt in diesem Typus ein Wort fiir „Sturm, Unwetter" oder áhnliches zu sein
(él, hríð, drífa, veðr usw.), das genitivische Bestimmungswort der Name einer
Figur aus dem Mythos oder der Heldensage (Heðins byrr, Hjaðninga veðr,
Fróða hríð) oder auch der Name eines der zahlreichen - ebenfalls sagenhaften
- sog. Seekönige (Atals drífa, Ála él, Ekkils él, vgl. R.MeiBner, Die Kennin-
gar der Skalden, 1921, S. 183). Der Name Dagr ist in Mythos und Heldensage
mehrfach belegt. Am náchsten liegt es wohl, hier an den Odinshelden Dagr zu
denken, der im zweiten Helgilied der Edda einen Ger von Odin verliehen be-
kommt und mit diesem den Tod seines Vaters an Helgi Hundingsbani rácht
(HH II, Prosa vor Str. 30). Keineswegs aber kann eine Schlachtkenning mit
dem Namen einer zeitgenössischen Person als Bestimmungswort gebildet
werden. Der Bericht von der gewaltigen letzten Attacke unter Dags Fuhrung
ist also offensichtlich aus der MiBdeutung der skaldischen Kenning gewon-
Demzufolge hátte auch Snorri Sturluson die Kenning falsch
verstanden189 oder zum mindesten den Fehler nicht berich-
tigt, denn in der Heimskringla, Kapitel CCXXIX, heifit es:
„Var þá orrosta in ákafasta. Kplluðu menn þat Dagshríð.“
Auch in Kapitel CCXXXIII steht: „Þá hófsk sú orrosta, er
Dagshríð er kplluð.“190 Snorri fúhrt jedoch nicht hier, son-
dern etwas spáter (Kapitel CCXXXIV) die Strophe Þormóðs
an.
Die ganze Sache ist komplizierter, als Klaus von See sie
darstellt. Er ignoriert námlich die Tatsache, daB nicht alle Co-
dices die Lesart „dagshríð“ haben. Zwei Handschriften der
Óláfs saga Snorris- Kringla und Stockh. perg. 4 to Nr. 2, zwei
verschiedenen Stámmen angehörend - weisen in der obenge-
nannten Halbstrophe Þormóðs die Lesart „dalshríð“ oder
„dalhríð" auf,191 d.i. „Bogensturm“, Pfeilhagel. Es ist daher
keinesfalls sicher, daB sich Theodoricus oder Snorri bezúglich
der Schilderung von Dags Kampf auf die Lausavísa Þormóðs
gestútzt und sie miBverstanden haben.192 Solange es an genú-
gend Beweismaterial oder -grúnden fehlt, ist es schwierig,
Thesen aufzustellen.193 Eine Möglichkeit káme noch in Be-
tracht, námlich Theodoricus’ Benutzung der Áltesten Óláfs
saga. Dies soll jedoch náher im Kapitel úber Theodoricus’ is-
lándische Schriftquellen erörtert werden.
Als náchstes ist Kapitel XX der Norwegischen Königsge-