Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Blaðsíða 205
HORNZAPFEN
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78. Von den ubrigen Typen scheint nur norw. skåld [skaold] m., das aber
nur in lokal eng begrenztem Rahmen (im åusseren und mittl. Sogn)
auftritt, rel. hohes Alter fur sich beanspruchen zu durfen. Obwohl es
ganz im slo/slå-Gebiet drin gelegen ist und sich eine einstige weitere
Verbreitung nicht nachweisen lasst13, steht das Wort sprachlich so
isoliert, dass es sich nur um ein Relikt handeln kann. Es scheint zwar
identisch zu sein mit dem zweiten Glied der Zss. munnskåld m. »Milch-
schorf«, kann aber kaum direkt aus diesem hergeleitet werden. Die
beiden sind wohl in einer Grundbedeutung »Poroses, mit kleinen Ein-
schnitten Behaftetes oå.« zu vereinigen14.
Rel. jung ist in der vorliegenden Bedeutung wohl norw. stikel (stikkel,
stikjel, stekel, stekjel uå.) m., in S-Møre und zT. im åusseren Nfj.
(Selje-Stadlandet) in den Formen stukul, stukel, stjukel, stjykjel, stykjel,
die durch umlauts- und brechungsåhnliche Vokalassimilationen aus
stikul, einer Variante mit Suffixabl., entstanden sein miissen15. Der
Typus zeigt zwar in Norwegen eine ansehnliche Verbreitung: von Nfj.
iiber S-Møre (wo er am stårksten steht), N-Møre und den åusseren
S-Tr. bis nach Gauld., heute allerdings teilweise durch wohl noch
jungere Typen unterbrochen. Ausserdem ist das Wort in der Bed. »Horn-
zapfen« auch dån. reichssprachlich (stejle) und dial. zB. in Skåne
(Ståle)16 und Fiinen17 gebråuchlich18. Trotz der grossen Verbreitung aber
ist diese Bedeutung sekundår. Wie schon die Etymologie zeigt (Bildung
mit instrumentalem -il,-ul zur Wurzel *stik-, idg. *steig- »stechen,
spitz«19), steht am Anfang die Bed. »Spitze, bes. Hornspitze«. Sowohl
awestn. wie aschwed. ist nur sie belegt20, im modernen Isl. und Får.
herrschen nur diese und (wenigstens im Isl.; s. § 76) die sich eng an-
13. Das Wort fehit sowohl in den Worterbtichern wie in den ålteren Wortersamm-
lungen; einzig NO enthålt Belege aus Sogn o. F. 7 und Vik (westlich von 8).
14. Zur Etymologie von munnskåld s. vor allem FT 1018; Torp 591, zu der zugrunde
liegenden Wurzel idg. *skel- »schneiden« auch Pokorny I 923 ff. Ob in diesem
Zusammenhang der Angabe ’skaole' aus Sogn o.F. 7, die durch den Beleg
hornskåld in NO aus demselben Ort widerlegt zu werden scheint, einige Bedeutung
beizumessen ist (vgl. schwed. dial. skål »Milchschorf«), ist unsicher.
15. Vgl. Torp 715. Die betr. Vokaliibergånge sind in der einschlågigen Literatur
nicht erwåhnt. Møre o.R. 12 hat die vereinzelte Form stitil (Fernassimilation ?).
16. Rietz 693a.
17. Molbech 551.
18. In Danemark scheint demnach im wesentlichen ein West/Ost-Gegensatz zwischen
slud, slug, slu und stejle, stæle usw. zu bestehen.
19. Vgl. Torp 715; Johannesson, Et.Wb. 861; Pokorny I 1016 f.
20. Vgl. Fritzner III 546; Soderwall II 504.