Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Blaðsíða 226
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KORPERTEILE USW.
89. Zusammenfassend kann die Entwicklung des Wortfeldes »Schwanz
(von Haustieren)« etwa folgendermassen dargestellt werden:
Aus dem Awestn. ist von den im Vorangehenden behandelten Wortern
nur hali als Bezeichnung des ganzen Schwanzes direkt belegt, doch darf
daneben wenigstens *sperdill als Spezialwort flir den kurzen Schwanz
(von Schafen, Ziegen, auch Schweinen ?) mit einiger Sicherheit erschlossen
werden. Dagegen scheint råfa noch durchwegs auf den festen Teil des
Schwanzes (von Pferd und Rind) beschrånkt gewesen zu sein, wåhrend
tagl den aus Haar bestehenden Teil vor allem beim Pferd, gelegentlich
auch beim Rind bezeichnete. Rumpa ist nur aus dem Aschwed. und aus
dem ålteren Dån. bezeugt, kann aber, besonders wenn die Zusammen-
stellung von nisl. roppa mit diesem Wort richtig ist, schon damals
auch in Ost- oder Siidostnorwegen im Gebrauch gewesen sein.
Da råfa anscheinend nur im Westnord. und rel. spåt die Bed. »Schwanz
(im allgem.)« angenommen hat und in Ostnorwegen in dieser Be-
deutung nicht bezeugt ist, ist damit zu rechnen, dass zunåchst ein Gegen-
satz zwischen westnord. hali und ostnord. rumpa bestand, wie er sich
noch heute auf dån. Gebiet zwischen hale in Jutl. und rumpe in den
iibrigen Dialekten feststellen låsst. Dieser urspriingliche West/Ost-
Gegensatz beruht darauf, dass rumpa als rel. junge, aber doch mindestens
schon wikingerzeitliche Bildung zu rumpier) »Steiss« das urspriing'ich
gemeinnord. hali von Osten her zuriickdrångte.
Spåter, vermutlich erst spåtanord., nahm auf dem Gebiet von norw.
hale das Wort rova die Bed. »Schwanz (als Ganzes)« an und begann das
zunåchst noch allgemeiner verwendete hale immer mehr auf ein Relikt-
gebiet vor allem in Westnorwegen zuriickzudrången, wo dieses aber
vor allem als Spezialwort fur den Pferdeschwanz bis heute lebenskråftig
geblieben ist. Gleichzeitig begann es im Silden *speråill, spæl zu ver-
diråill m., lt. Blondal »(dindill) kort Hale paa firføddede Dyr«, durch das FB
nicht bestatigt, får. dirdil »(kort) hale, fårehale« (JM), im FB nur einmal in Uber-
tragenem Gebrauch (F a r. 22: ein madur er sligin d dirdilin »jemandem ist es anders
gegangen als er gedacht hat«), shetl. derdel »short tail, sheep’s tail« (Jakobsen,
Shetl. 101; vgl. auch den Flurnamen de Dirdels. J. Jakobsen, Aarbøger 1901;
187), — ferner die Spezialworter flir Hunde- und Katzenschwanz im Isl.; skott n.
(vor allem von Hunden und Fiichsen, håufig aber auch von Katzen :< anord.
skopt »Haupthaar«) und styr i n. (vom Katzenschwanz; eigentlich »Steuerruder«,
bes. im Ausdruck setja upp styrid), die auf dem iibrigen westnord. Gebiet keine
Entsprechung haben (norw. gelten auch hier hale, rova, rumpa, får. halt) und
somit einen wichtigen Wortfeldunterschied zwischen dem Isl. und seinen Nach-
barsprachen aufzeigen.