Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Blaðsíða 357
BIESTMILCH
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der w-Bildung kvæde vor, die als Bezeichnung der Euterflussigkeit vor
dem Kalben aus Dalane und Helg. (Ross), in der Zss. kvemelk auch
aus N-Tr.15 bezeugt ist. Es ist charakteristisch, dass koda und kvæde
an mehreren Orten nur oder besonders vom ersten Mass Milch nach dem
Kalben gebraucht werden, wåhrend die Biestmilch im ubrigen mit
råmjølk bezeichnet wird16.
Råmjølk {-mjolk, -mjåkk, -mjelk, -melk usw., in Set. råmylkje bzw.
-mykkje, -mykkji n., jedoch in A-Agd. 19 m.; wohl zu rå i.S.v. »unent-
wickelt, unreif«17) ist heute in fast ganz Norwegen der herrschende
Typus. Einzig in den inneren Fjordgegenden von Hard. bis S-Møre
und im siidlichen Helg. fehit das Wort noch weitgehend, und aus den
Gebieten von koda und kvæde liegen mehrere Angaben, die es als junger
bezeichnen, vor18. Besonders in Westnorwegen zeigt die råumliche
Lagerung das chronologische Verhåltnis zwischen råmjølk einerseits
und koda, yste anderseits sehr deutlich: das jiingere råmjølk stosst der
Kuste entlang vor, wåhrend sich die beiden ålteren Typen in den ver-
kehrsentlegenen inneren Fjordgebieten bis heute weitgehend zu halten
vermogen. Dass råmjølk mindestens im norwegischen Westen verhålt-
nismåssig neu ist, zeigen auch das Isl., wo das Wort ganz fehit, und
das Får., wo es noch weniger håufig als das alte oskamjélk zu sein
scheint und jedenfalls auch als neuer empfunden wird19. Es fehit noch
bei Chr. Jensøn 1646 und Leem, erscheint aber allerdings schon bei
Rasch, Stavanger 1698 und bei Christie. Dass es dagegen in Svid- und
Ostnorwegen alt ist, zeigen sowohl die Tatsache, dass sich hier (ausser
vereinzeltem kvåda, kvåde im Siidwesten) keine ålteren Typen nach-
weisen lassen, wie auch die Zss. råmylkje (<-milki<-*mel(u)kia-), die
lt. Ross fruher auch im westlichen Tel., in der Form råmilkje auch
in Gbd. vorkam und den in der ålteren Sprache håufigen Ubergang zum
neutr. m-Stamm im zweiten Zusammensetzungsglied zeigt20. Im Ostnord.
ist der Typus råmjølk allgemein verbreitet und tritt hier schon im jiingeren
15. NEG 58 fur Beitstad.
16. Das FB belegt dies fiir kvæde aus N-Tr. 19; Nordi. 1-3, NEG 58 fur koda aus
Sogn o.F. 24; Møre o.R. 3,11, fiir kvæde aus N-Tr. 18; Nordi. 5.
17. Vgl. Torp 520; Hellquist 861, auch ODS XVII 296, anders FT 864.
18. Im FB aus Møre o.R. 4; Nordi. 2, in NEG 58 aus Møre o.R. 4,10.
19. So lt. personlicher Mitteilung von Prof. Chr. Matras, Kopenhagen/Torshavn.
20. Vgl. dazu E. Ekwall, Suffixet -ja i senare leden af sammansatta substantiv inom
de germanska språken (UUÅ 1904), Uppsala 1904, sowie Bandle, Gudbrands-
biblia § 136.