Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Blaðsíða 556
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ZUSA MMENFASSUNG
wort- und namengeographische Untersuchungen noch mehr ostliches
Sprachgut im Isl. zutage fordern werden30.
270. Vergleichen wir unsere Ergebnisse mit den lautgeographischen
Tatsachen, so sehen wir indessen — wie schcn § 262 angedeutet — ein
wesentlich anderes Bild; denn im Lautlichen zeigt auch das Isl. fast
ausschliesslich Beziehungen zum westlichen Norwegen. Das Wesent-
liche dieser westnorw.-isl. Gemeinschaft im Lautlichen ist bereits von
H. Kuhn, ZfdA 86: 19-22 und Chapman herausgearbeitet worden,
so dass die Einzelheiten hier nicht wiederholt zu werden brauchen.
Wichtig ist vor allem die grundsåtzliche Feststellung, dass es im Isl.,
mehr noch als im Får., nur wenige Lautentwicklungen gibt, welche wir
nicht bei genauerem Zusehen in irgendeinem Gebiet des westlichen
Norwegens wiederfinden31. Wenn das Isl. und Får. heute in einzelnen
Formen wie Privadvpråfix 6- und Pråp. ur mit dem Trond.-Nordnor-
wegischen (gegenuber sudnorw. u-, or) zusammengehen, so beruht dies
auf spåterem Ausgleich, da noch in anorw. Zeit u- und o- aus allen
Teilen Norwegens bezeugt sind und im Aisl. sogar dr håufiger ist
als iir32. Noch unsicherer sind die in einigen aisl. Handschriften auf-
auftretenden Spuren von Monophthongierung33 als Zeugen fur eine
ostliche Verbindung des Isl. Nur auf eine bisher kaum beachtete Erschei-
nung muss hier noch besonders aufmerksam gemacht werden, da sie
moglicherweise als Beleg fur Sprachmischung im Lautlichen gewertet
werden kann: die im Isl. nicht ganz seltenen Formen ohne Nasalassi-
milation, welche weder durch Entlehnung noch durch expressiv bedingte
Bewahrung des Nasals oå. erklårt werden konnen. Ich muss mich hier
mit wenigen Andeutungen begnugen und erwåhne aus einem runden
Dutzend Fålle, die ich bisher gesammelt håbe, nur isl. brinki m. »kleine
Erhohung im Erdboden« (neben brekka »Abhang«) und klomp (neben
30. Als Beispiel eines ostlichen Ortsnamentyps, das allerdings auf Island auch ver-
einzelt ist, kann hier Porpar (Strand.) genannt werden.
31. Die wichtigste isl. Sonderentwicklung ist die Diphthongierung* (< æ und æ) > ai,
wåhrend von den neueren får. Sonderentwicklungen vor allem die ’Schårfungen’
å>ogv, u>i/gv, i>iggj im Hiatus und die Entstehung ’unechter’ Diphthonge
wie åa und qa zu erwåhnen sind.
32. Vgl. Nor.Aisl. §§ 112,1 und Anm. 5.126,1.147,3; Hægstad, Gamalt trøndermaal
(VSS 1899, II. Nr. 3), S. 68; ders., VNM 11,1: 21 f., 11,2,1: 39, 11,2,3: 44.66;
Seip, Språkhist. S. 152.
33. Vgl. Nor.Aisl. § 97 ff.; Brøndum-Nielsen, Dialekter S. 67 f.; L. Larsson,
ANF 5 (1889): 142 ff.