Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1941, Blaðsíða 36
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LE NORD
langung des Frauenwahlrechts einberufen. Wáhrend der Land-
tagssitzung desselben Jahres reichten die beiden Frauenbewegungs-
vereine einen Antrag auf Wahlrecht ein, der jedoch nicht zur
Behandlung gelangte. Die Winterperiode 1905—1906 hat man
als das Kampfjahr der finnischen Frauen bezeichnet. In den Stád-
ten und auf dem Lande hielten sie Zusammenkiinfte ab, auf denen
die Forderung der Frauen nach aktivem und passivem Wahlrecht
zum Ausdruck kam. Man hat berechnet, dass allein an den Wahl-
rechtsversammlungen der Frauen aus der Arbeiterklasse sich etwa
20,000 Personen beteiligt hatten.
Im Jahre 1906 wurde fiir Finnland eine neue Landtagsord-
nung nebst einem dazugehörigen Wahlgesetz bestátigt. Damit
hörte der alte Yierstánde-Landtag zu existieren auf, und an seine
Stelle trat der modernste Einkammer-Reichstag der Welt, — der
Schwerpunkt des politischen Lebens verschob sich nach den unte-
ren Volksschichten zu, und die Frauen bekamen das volle aktive
und passive Wahlrecht. —
Die Jahre der Unterdriickung in Finnland (1899—1905) mit
allen ihren Erfahrungen hatten das finnische Volk vieles gelehrt,
was in anderen Lándern um diese Zeit noch unbekannt war: Mann
und Frau kámpften Fland in Fland bei der Verteidigung der
Rechte ihres Landes, alle Volksschichten hatten sich als Eben-
biirtige im Kampf um eine gemeinsame Sache vereinigt.
Fiir den Entwicklungsstand der finnischen Frau und ihrer
sozialen Begriffe ist es höchst bezeichnend, dass alle Frauenorgani-
sationen, von dem im Jahre 1835 gegriindeten »Frauenvereine«
an bis zu den Parteiorganisationen, in irgendeiner Weise zugleich
fiir soziale Ziele tátig gewesen sind, die sich im wesentlichen unter
dem Motto zusammenfassen lassen: Zustandebringen einer gegen-
seitigen Annaherung der verschiedenen Gesellschaftsklassen und
Erhöhung des Bildungsniveaus der Frau aus dem Volke. Diese
Tátigkeit stand gerade wáhrend der Russifizierungsperiode in
ihrer vollen Bliite, und aus jener Zeit stammen auch manche gros-
sen Frauenorganisationen. Nehmen wir als Beispiel eine der be-
merkenswertesten, den Martha-Verband, zu dessen Griindung
als einzige Anregung ein kleiner Brief aus dem Grenzgebiete —
ein Notschrei aber — geniigte, weil er an die richtige Adresse
gelangte.
Dies geschah im schwersten Jahre der Unterdriickung, 1899-
Die Empfángerin des Briefes, eine geistig regsame Frau in der
Flauptstadt, Professor Lucina Hagman, verlor nicht viel Zeit,