Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1941, Blaðsíða 292
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LE NORD
Hier trat nun der spáter weltberiihmte dánische Sprachfor-
scher Rasmus Kristian Rask auf.
Rask wurde am 22. November 1787 auf Fiinen als Sohn
armer Eltern geboren, und bereits in der Schule fiel seine ganz
ungewöhnliche Sprachbegabung auf. Schon in ganz jungen Jahren
begann er, Islándisch zu lernen, und fertigte sich sogleich eine is-
lándische Grammatik und ein Lexikon an. An einen seiner Freunde
schrieb er: »Es wird mir das grösste Vergniigen sein, diese Sprache
zu lernen und aus ihren Schriften zu erfahren, wie man in alter
Zeit ein schweres Schicksal auf sich nahm und sich tapfer durch-
schlug. Ich lerne nicht Islándisch, um Staatsrecht zu studieren
oder mir das Kriegshandwerk und áhnliches anzueignen, sondern
ich lerne Islándisch, um wie ein Mensch denken zu können, um
den Geist der Erbármlichkeit und Unterdriickung auszurotten,
den man mir seit der Geburt eingeimpft hat, um meinen Mut und
meinen Geist zu iiben, ohne Angst der Gefahr zu begegnen, so
dass meine Seele lieber das Leben opfern will, als gegen das zu
handeln oder das zu verleugnen, was ihrer Lberzeugung nach
Wahrheit und Recht ist.«
Hier ward der Geist der alten Sagas in dem empfánglichen
Gemiit des jungen Mannes zur lebendigen Wirklichkeit.
Unmittelbar nach seiner Immatrikulation an der Universitát
schloss sich Rask an seine islándischen Kommilitonen an, unter
denen sich so ausgezeichnete Mánner wie Árni Helgason, Bjarni
Thorarensen u. a. befanden.
Einige Jahre spáter erhielt Rask ein Stipendium zu einer Reise
nach Island, wo er im Herbst 1813 anlangte. Nach seiner An-
kunft begab er sich sogleich nach Reynivellir in Kjós, wo sein
guter Freund aus der Universitátszeit, Árni Helgason, Pfarrer
geworden war. Nach einigen Reisen im Siiden des Landes, wobei
er u. a. den alten Bischofssitz Skálholt und den Pfarrhof Oddi
besuchte, kehrte Rask zu seinem Freunde auf Reynivellir zuriick,
wo er uberwinterte. Im folgenden Sommer bereiste er den Norden
des Landes und besuchte u. a. den alten Bischofssitz Hólar und
den Amtmann auf Möðruvellir, Stephán Thorarensen. Nach
einer Reise in den östlicheren Gegenden traf Rask im Herbst aber-
mals in Reykjavík ein, wo er wiederum bei seinem Freunde Árni
Helgason, der inzwischen Pfarrer am Dom zu Reykjavík gewor-
den war, einkehrte. Im náchsten Sommer besuchte Rask eine An-
zahl bedeutender Persönlichkeiten im Westen des Landes, und
nach einem letzten Aufenthalt in Reykjavík kehrte er im gleichen
Herbst nach Dánemark zuriick.