Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1941, Blaðsíða 67
ISLANDISCHE MALER
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Fiir die Entwicklung der Malerei hat der islándische Kultur-
fond, Menningarsjóður, grosse Bedeutung gehabt. Zuerst wurde
er nur aus den Mitteln gespeist, die durch Ubertretungen des Al-
koholverbotes einkamen. Nach Abschaffung des Verbotes bewil-
ligte das islándische Althing jáhrlich eine bestimmte Summe ftir
den Kulturfond — in der letzten Zeit waren es 60.000 Kronen
jáhrlich. Ein grösserer Teil dieser Summe ist zum Ankauf der schö-
nen islándischen Bildersammlung im Reykjaviker Nationalmu-
seum verwendet worden.
Der fuhrende Mann der islándischen Malerei ist ]6n Stefáns-
son. Er wurde im Jahre 1881 an einem einsamen Fjord der Nord-
kiiste geboren, und in den primitiven Verháltnissen, in denen er
aufwuchs, war die grossartige Natur, Erde und Himmel, Felsen
und Meer, der entscheidende Kindheitseindruck. So wild und un-
wegsam war damals noch dieser Teil von Island, dass Jón Stefáns-
son zum ersten Mal in seinem Leben einen Wagen sah, als er nach
Reykjavik kam, um die Lateinschule zu besuchen. Spáter sandte
ihn sein Vater, der islándische Kaufmann Stefán Jónsson, auf die
technische Hochschule in Kopenhagen. Aber das Ingenieurstudium
mteressierte seinen Sohn weniger als leidenschaftliche náchtliche
Diskussionen mit den jungen islándischen Schriftstellern, die sich
damals in der dánischen Hauptstadt aufhielten. Der Ehrgeiz zu
schreiben erwachte auch in ihm. Da aber alles, was seine Phantasie
bescháftigte, sich in farbigen Visionen, anstatt in Erzáhlungen
oder Gedichten kristallisierte, fing Jón Stefánsson an zu malen,
obwohl es dafiir fast noch keinen Prázedenzfall in Island gab. Der
etwas áltere Ásgrímur Jónsson wurde erst in diesen Jahren be-
kannt.
Jón Stefánsson besuchte zuerst die Malschule von Zahrtmann
m Kopenhagen und studierte nachher drei Jahre bei Matisse in
Paris. Die Eindriicke waren iiberwáltigend, aber die Selbstándig-
keit, mit der er alle áusseren Einfliisse verarbeitete, zeugen von der
Urwiichsigkeit seines Talentes. Alles diente ihm dazu, seine
Kunstbegriffe zu kláren und seine eigene Gestaltungskraft zu
steigern.
Besonders fruchtbar fiir den jungen islándischen Kiinstler
wurde der Lehrsatz von Matisse, nach dem ein Bild aus der Har-
monie des Gesamteindruckes bestehe: »Alles was nicht dem Ge-
samteindruck niitzt, schadet. Jedes iiberfliissige Detail nimmt im
Geiste des Beschauers den Platz von etwas Wesentlichem weg.«