Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1941, Page 176
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garantiert wurde. Dies wird auch von der Auffassung bestátigt,
die von den estlandsschwedischen Bauern im Anfange des 17.
Jahrhunderts inbetreff ihrer rechtlichen Stellung ausgedriickt
wird, námlich »dass sie fiir alle Zeit bei ihrem Erb- und Geburts-
recht verbleiben diirften gemáss schwedischem Recht und Gesetz
als freie schwedische Erbbauern.«
In den schweren Zeiten Estlands richtete die schwedische
Bevölkerung ihre Hoffnungen auf Hilfe an Schweden und sein
Königshaus. Als russische Horden 1558 in das ungliickliche Land
hereinbrachen, schrieb der schwedische Kaplan Olof Andrae in
Reval an König Gustav Wasa’s Sohn, Herzog Johan, in Finn-
land: »Das ganze Bistum Hapsal und jedes schwedische Kind,
das beten kann, wiinschen, dass Seine Majestát der König, Euer
Fiirstlichen Gnaden werter Herr Vater, und Euer Fiirstliche
Gnaden kommen und die verteidigen mögen, die in friiheren
Zeiten unter der schwedischen Krone gestanden haben.« Zwei
Jahre spáter schloss sich Reval nebst dem grössten Teile von
Estland an Schweden an, mit dem es dann durch anderthalb
Jahrhunderte vereint blieb.
In der schwedischen Zeit lebte die estlandsschwedische Bevöl-
kerung unter dem Schutze der Privilegien, die von Zeit zu Zeit
von den schwedischen Regenten ausgestellt wurden, wodurch sie
auch weiterhin der drohenden Leibeigenschaft entzogen und ihr
zugesichert wurde, dass sie nach schwedischem Recht leben diirfe,
»wie sie dies seit alters gehabt und genossen hátte«. In dem von
König Karl XI. ausgestellten Schutzbrief von 1685 wurde aus
der freien Stellung der Bauern leider die Folgerung gezogen,
dass sie das Recht des freien Wegzuges von ihren angestammten
Höfen hátten, falls der Gutsbesitzer gegen ihren Willen ihren
Zins zu erhöhen wiinschte.
Die Kopfzahl der estlandsschwedischen Bevölkerung stieg
immer mehr, und man hat berechnet, dass sie zu Beginn des
18. Jahrhunderts etwa 12,000 Personen erreicht hatte. Damals
wurde sie, wie auch die ganze estnische Bevölkerung, vom grossen
nordischen Kriege und der asiatischen Beulenpest, die er im Ge-
folge hatte, hart mitgenommen. Nach Ende des Krieges war daher
die Bevölkerungsziffer auf die Hálfte heruntergegangen. Durch
den Friedensschluss von 1721 wurde der Schwedenkönig als
Schutzherr der estlandsschwedischen Bevölkerung vom russischen
Selbstherrscher abgelöst. Obereinstimmend mit der Trajdition der
Zarenzeit mischte sich die Zentralregierung im allgemeinen nicht