Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Side 91
KLEINVIEH
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Isl.-får. smali, norw. smale (smala, smålå) m. ist zweifellos das ålteste
Wort flir »Kleinvieh« im Westnord. und, soweit ein fliichtiger Uber-
blick erkennen låsst, auch auf weiten Gebieten des Ostnord. (Schwed.).
Es ist eigentlich eine Substantivierung des im Anord. als selbståndiges
Wort bereits nicht mehr gebråuchlichen Adj.s *smalr »klein« (zB. in
smalmenni = småmenni »unbedeutende Menschen«)2 und vergleicht sich
bedeutungsmåssig am nåchsten dt. Schmalvieh, ahd. auch smalandz3.
In der awestn. tJberlieferung hat es sich bereits teilweise von der ur-
spriinglichen Bedeutung entfernt, indem es in recht zahlreichen Belegen
offensichtlich von Vieh im allgem. gebraucht wird4. Da diese Bedeutung
auch in Rechtstexten vorkommt5, wo sie ausserdem durch vereinzeltes
smdsmali (s. S. 39, Anm. 38) bekråftigt wird, und da die zT. heute noch
bekannte isl. Zss. busmali wenigstens teilweise weibliche Schafe und
Kuhe zusammen bezeichnet6, muss smali in dieser allgemeineren Bedeu-
tung tatsåchlich auch in der gesprochenen Sprache gebraucht worden
sein, obwohl sie sich heute im Norw. nicht nachweisen låsst und auch
El ondals Bed. »Kreaturbesætning, Faar, Kvæg« durch das FB nicht
beståtigt wird. Der Bedeutungsumfang schwankt heute in den norw.
Mundarten zwischen »Kleinvieh« und »Schaf(e)«. Wo smale Sammel-
name ist, werden zur Unterscheidung der Tiergattungen oft die Zssen.
saud-, geit-smale, vereinzelt auch ullsmale fur »Schafe«7 genannt. Spe-
zialisierung auf s Schaf ist schon recht friih bezeugt: zuerst in Bork,
Bø 16988; Rasch, Stavanger 16989 und bei Leem. Sie ist teils sachlich
(durch das Fehlen von Ziegen), teils sprachlich bedingt. Obwohl die
beiden Bedeutungen geographisch nicht ganz scharf voneinander getrennt
sind, fållt doch auf, dass die Bed. »Kleinvieh« vor allem in den inneren
Fjordgebieten Westnorwegens (Nordost-Ryf., Siidost-Hord., inneres
2. Neunord. smal »schmal«, das dem Isl. fehit, ist aus dem Dt. entlehnt. Ein boden-
standiges mnorw. smalr »klein« existiert lt. Torp 657 nicht, da die Verbindung
smalt hundrad aus dem Dan. entlehnt ist.
3. Vgl. zur Etymologie Johannesson, Et.Wb. 676; De Vries 519; FT 1077;
Hellquist 1000.
4. Vgl. Fritzner III 441 f.; Cl-Vigf. 570.
5. Lt. Fritzner III 441 im ålteren Gulathing-Gesetz.
6. Vgl. Blondals Obersetzung »Kvæg, Malkekøer og -faar«; s. auch Fritzner
I 217; Cl-Vigf. 89.
7. Troms 6.
8. Bork, Bø 1698, S. 21 unterscheidet zwischen Sg. smale »Schaf« und PI. smaler
»Sammelname fiir Schafe + Ziegen« mit den Zssen. sousmale und geitsmale.
9. S. 18: smalhus »caula, faarestie«.