Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Side 102
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GESCHLECHTSLEBEN
welche sich auf die biosse Brunst, Liisternheit beziehen oder zwischen
beiden Begriffen schwanken (wie vor allem brunda in Norwegen)
beiseite gelassen.
Als åltester der einschlågigen Haupttypen darf wohl norw. rida,
isl.-får. rlfla gelten3. Das Wort ist zwar in der vorliegenden Bedeutung
im Anord. noch nicht belegt, doch ist es neunord. nicht nur auf westnord.
Gebiet, sondern auch im Schwed. und Dån. im Gebrauch, scheint also
urspriinglich gemeinnord. zu sein. Die Tatsache, dass es auch im Dt.4
und Engl.5 vorkommt, zeigt allerdings, dass wir hier grundsåtzlich
auch mit Parallelentwicklung zu rechnen haben. Ausserdem mag es
bedenklich erscheinen, dass die Bed. »bespringen« auf ostnord. Gebiet
fast nur in den schriftsprachlichen Worterbiichern bezeugt ist, doch
fehlen direkte Zeugnisse aus den Mundarten nicht ganz6, wåhrend
es anderseits angesichts der weiten Yerbreitung in Norwegen (wie auch
auf Island) undenkbar ist, dass das Wort in dieser Bedeutung erst in
neuerer Zeit etwa aus der stådtischen Vulgårsprache in die Dialekte
gedrungen sein konnte7. Auch die Beschaffenheit der in West- und
Nordnorwegen gebråuchlichen Synonyme weist deutlich darauf hin,
dass sie erst rel. spåt an die Stelle von rida getreten sind.
Heute herrscht rida vor allem in Ostnorwegen (Østf., Vestf., Tel.,
Busk., Akersh., Hedm., Oppl.) und im Trøndelag und ist uberdies
auch rel. håufig in (vor allem von der Kiiste etwas entfernten) Teilen
von Agder und Rog., wåhrend es in andern Landesteilen hochstens
vereinzelt auftritt. Im Isl. kommt rida auf dem ganzen Gebiet vor,
jedoch etwas seltener in S udi siand, wo rida vor allem von brunstigen
Kuhen gebraucht wird. Furs Får. nennt zwar JM rida in der Bed. »(om
handyr, især tyre) springe, bespringe«8, doch enthålt das FB nur den
Beleg ridast (Får. 3), anscheinend in der allgemeinen Bed. »sich paaren
(von månnlichen und weiblichen Tieren)«, sowie das Part. Pråt. ridin
3. Das vereinzelt in der anord. poetischen Sprache (Heidreksgåtur) vorkommende
hyda (Hest sd ek standa, hyddi meri Str. 36) darf in der vorliegenden Bedeutung
fur die gesprochene Sprache wohl kaum in Anspruch genommen werden.
4. Vgl. zB. Gr. WB. VIII 777; Schweiz. I d. VI 1674.
5. OED VIII 655.
6. So rle »befrukta« Nordlander, Multrå S. 94.
7. Der im Jiit. (Feilberg III 53, Suppl. 328) und in finnlandschwed. Dialekten
(Nyl., Osterb. lt. Wessman II 95) verbreitete Gebrauch vom Geschlechtsakt
des Mannes ist wohl als sekundar, dh. als Oberrest der vorliegenden Bedeutung
aufzufassen.
8. Von Prof. Chr. Matras mundlich beståtigt.