Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Blaðsíða 186
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KORPERTEILE USW.
Dass jorta (jortra, jotra) und urta, yrta zusammengehoren, ist nicht
zu bezweifeln, doch darf zugleich als sicher gelten, dass die beiden
Varianten schon lange, sehr wahrscheinlich schon seit der Zeit vor der
Besiedlung Islands und der Fåroer nebeneinander bestanden haben.
Freilich låsst sich ihr gegenseitiges morphologisches und chronologisches
Verhåltnis nicht sicher bestimmen, da die Etymologie des Wortes noch
immer nicht vollig geklårt ist. Ausgeschlossen ist jedenfalls Doppelfor-
migkeit infolge jiingerer lautlicher Entwicklung, wie sie gelegentlich an-
genommen wird8, unwahrscheinlich auch ein urspriingliches Ablauts-
verhåltnis.
FT 162 und Torp 251 stellen die beiden Formen zu ahd. itaruchen,
mhd. iteriicken (bairisch itrucken, schweizdt. itrucken, itrucken usw.), ae.
edrocian und nehmen als Ausgangspunkt ein dazu gebildetes Subst.
*id-ruhti an, das iiber *id-urt, *i-urt zum heutigen norw. jort f. »das
Wiederkåuen; die halbverdaute Futtermasse, die zum zweitenmal ge-
kaut wird« (vgl. Aasen) geworden wåre. Die Formen ohne j- wåren
durch Pråfixschwund entstanden, der wohl im Zusammenhang mit der
Synkope verschiedener Pråfixe in spåturnord. Zeit9 zu sehen wåre. Da
zudem die Kontraktion zu jo- wåhrend oder kurz nach der Wikinger-
zeit eingetreten sein miisste10, wåre die Spaltung aller Wahrscheinlich-
keit nach schon vor der Besiedlung Islands und der Fåroer durchge-
fiihrt gewesen.
FT’s Etymologie, die weithin Zustimmung gefunden hat* 11, besitzt den
Vorzug, an einen ursprunglich im ganzen Westgerm. verbreiteten Typus
ankniipfen zu konnen, ist aber mit lautlichen Schwierigkeiten behaftet12.
Hjalmar Lindroth13 sucht deshalb nach einer neuen Herleitung und
8. jorta>drf wird von Christiansen, Gimsøym. S. 90 und Oissen, Brønnøym.
§ 135 angenommen.
9. Vgl. Nor.Gesch. § 50; Seip, Språkhist. S. 23.
10. Lt. Nor.Aisl. § 133 ist sie in Fallen wie sjd<seha(ri), fjos<fé-hus ’wenigstens
etwas vor 1200’ durchgefuhrt.
11. Vgl. Johannesson, Et.Wb. 713;DeVries 293; F. Holthausen, Vergleichendes
und etymologisches Wdrterbuch des Altwestnordischen (Gottingen 1948) S. 146;
W. Neubauer, Deformation isolierter Bezeichnungen: 'wiederkåuen' in deutscher
Wortgeographie (in: Deutsche Wortforschung in europåischen Beziigen I, Giessen
1958), S. 304.
12. Vgl. Lindroth, aaO. S. 486 f. Nach Nor.Aisl. § 133 scheint Kontraktion von i
und u nicht jo, sondern jo,ju ergeben zu haben.
13. AaO. S. 486 ff.