Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Side 187
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sieht die einzige Moglichkeit darin, von den Formen ohne j- auszugehen.
Da diese teilweise /-Umlaut, aber durchwegs dn-Flexion haben, mussen
sie von einem Subst. abgeleitet sein. Dieses miisste, entsprechend den
oben angenommenen Grundformen des Yerbs, urt, yrt f. »die zum
zweitenmal gekaute Futtermasse«14 gelautet haben, und die beiden
Varianten mit und ohne Umlaut wåren dann als z-Stammsdubletten
entspr. anord. skuld/skyldaufzufassen. Ob Lindroths Annahme einer
Grundbedeutung »något knubbigt och tjockt« das Rechte trifft, kann
wohl bezweifelt werden, doch bietet sich jedenfalls die Moglichkeit, das
zugrunde liegende Subst. — etwa i.S.v. »breiige, feuchtklumpige Masse«
— an idg. *uer{d)- »erhohte Stelle (im Gelånde oder in der Haut)«,
zB. in nisl. var »Augenschleim«, schwed. var »Eiter«15, anzukniipfen.
Um zu jorta usw. zu gelangen, nimmt Lindroth Einfluss bedeutungs-
verwandter Worter wie norw. dial. jokla »die Speise im Munde herum-
wålzen« (Hard., Valdres) = schwed. dial .jokla »mit schlechten Zåhnen
essen« (Dalsi.), nisl.jådla »langsam kauen, mit zahnlosem Mund reden«
(auch aisl. jotr »Backenzahn«) an.
Diese Etymologie hat vor allem den Vorzug, dass sich durch sie das
Nebeneinander von urta und yrta auf ansprechende Weise erklåren låsst.
Ihre Schwåche liegt darin, dass die einzige im Anord. belegte Form
jortra ist (allerdings nur in Stjorn) und dass sie mit Einfluss von Wortern
rechnen muss, die aus der alten Sprache nicht bezeugt sind und deren
Herkunft selbst unsicher ist. Aber auch wenn wir den Formen ohne j-
zeitliche Prioritåt zubilligen wollen, mussen wir annehmen, dass die
Doppelformigkeit auf die Zeit vor der islåndischen und fåroischen Land-
nahme zuruckgeht, da die Umbildung zu jå- sich kaum nachtråglich vom
Norw. auf die Tochtersprachen ausgebreitet haben kann.
Wir durfen hier freilich die Unterschiede innerhalb der _/Y5-Variante
nicht ganz ausser acht lassen, doch erweisen sie sich bei nåherem Zuse-
hen als durchaus sekundår. Da flir S-Tr. Selbu aus der modernen Mund-
art die Form drtre (s. Anm. 5) bezeugt ist und Christie neben jorta
auch jortra anfiihrt, diirfen wir annehmen, dass auch in Norwegen
Formen auf -ra noch bis in die neuere Zeit verbreitet waren. Da zudem
aus dem Anord. nur jortra iiberliefert ist, konnen wir somit annehmen,
dass dies die urspriingliche, einst im ganzen yo-Gebiet herrschende Form
14. Aasen fiihrt urt f. als Variante zu jort an.
15. Vgl. Pokorny 11151.