Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Side 192
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KORPERTEILE USW.
2. Ebenso wie tv ag ist auch das nahe verwandte norw. tvætte n. »scharfe
Flussigkeit zum Waschen, Lauge«, anord.-isl. frvætti »dass.«16, zT. zur
(allgemeinen?) Bezeichnung fur Urin geworden: lt. FB nur an wenigen
Orten in S-Møre, lt. Aasen und Ross aber auch in Nfj. und Sfj.
Eine Angabe in NO aus Nfj. zeigt noch die spezielle Bed. »tvag, urin
(av folk) når det vart brukt til lut (vask), til smalevask o.a.«
3. Dagegen werden die lokalen Typen norw. åle und trekk mehr von
Urin, der vom Stall abfliesst und mit Mist vermischt ist, gebraucht:
åle m.17 in einem kleinen Gebiet in Rom. - Vinger, das aber an ein
grosses schwed.-dån. Gebiet mit entsprechendem al, adel usw. an-
schliesst18, — trekk (auch drekk) m.n. (< anord. prekkr m. »Dreck,
Schmutz, Unrat«) im eigentlichen Eledmark, in Østerd. und Trysil19.
Der Beleg Troms 4 scheint mit der Sprache der benachbarten ost-
norwegischen Kolonie Bardu-Målselv (vgl. im Schlusskapitel) zusam-
menzuhången.20
e) Die im Vorangehenden behandelten Worter sind nun im Norw.
fast auf dem ganzen Gebiet iiberlagert durch das moderne piss n. (lt.
Nordi. lla-c pissa bzw. pess’ f.), eine Riickbildung zu dem wenigstens
im Nord. sicher entlehnten Vb. pissa21. Obwohl Subst. und Vb. in den
norw. Worterbiichern und ålteren Wortersammlungen noch fast durch-
wegs fehlen22, hat sich piss, wohl von der Vulgårsprache der Stådte
ausgehend, heute schon fast iiber das ganze Land ausgebreitet. Einzig im
16. Fritzner III 1060 tibersetzt: »skarp Væske som bruges til Tvætning, saasom
Lud, Urin«.
17. Zur Etymologie vgl. Torp 12; Hellquist 4 (unter adel, al)', E. Lidén, SSUF
1891/94, S. 81. Eine Form ale, die lt. Ross in S-Tr. Røros vorkommen soli,
fehit jedenfalls im Worterverzeichnis zu Reitan, Rørosm.
18. Vgl. Rietz 6a (mit Belegen aus Osterb., Ångml., Dalarna, Sorml., Ø-Gotl.,
Halland, Skåne); Feilberg I 16 (ajle); Vendeli 4b (fur Sud-Vasa); Wess-
man I 6 (fur Petalax in Sud-Vasa).
19. In der Verbreitung ubereinstimmend mit den Belegen in NO (Folldal, Løten,
Østerd.). Die Angabe bei Aas, Gjerstad 47b: Træk »Tiltræk af Gjødning«
diirfte ebenfalls aus Østerd. stammen, da der Verfasser in Røros geboren war
(vgl. SNMA V, S. 5).
20. Vereinzelte Angaben sind ferner: stall A-Agd. 2,9 (vom Pferd; zum Vb. stalla),
syr Hedm. 19 (bes. von Schafen; neben dem Vb. syra) und pili N-Tr. 15; Troms 5
(hundepill).
21. Die Herkunft des Verbs aus dem Franz, wird zT. bezweifelt; vgl. Torp 491, auch
Hellquist 764. Im Nord. darf es jedoch als sicher aus dem Ndd., wo es schon
seit dem 14. Jh. bezeugt ist (vgl. Kluge-Mitzka18 552), entlehnt betrachtet
werden.
22. Ausser NROB II 731 und (fiir das Vb.) Christie S. 251.